Juli 1871 15 [1-2]
15 [2]
Nach einem nächtlichen Gewitter.
Heute hängst du dich als Nebelhülle,
Trübe Göttin, um mein Fenster hin.
Schaurig weht der bleichen Flocken Fülle,
Schaurig tönt der volle Bach darin.
Ach! Du hast bei jähem Blitzeleuchten,
Bei des Donners ungezähmtem Laut,
Bei des Thales Dampf den giftefeuchten
Todestrank, du Zauberin, gebraut!
Schaudernd hörte ich um Mitternächten
Deiner Stimme Lust- und Wehgeheul,
Sah der Augen Blinken, sah der Rechten
Schneidig hingezückten Donnerkeil.
Und so tratst du an mein oedes Bette
Vollgerüstet, waffengleißend hin,
Schlugst an’s Fenster mir mit erz’ner Kette,
Sprachst zu mir: “Nun höre, was ich bin!
“Bin die große ewge Amazone,
“Nimmer weiblich, taubenhaft und weich
“Kämpferin mit Manneshaß und -Hohne
“Siegerin und Tigerin zugleich!
“Rings zu Leichen tret’ ich, was ich trete,
“Fackeln schleudert meiner Augen Grimm
“Gifte denkt mein Hirn—nun kniee! Bete!
“Oder modre Wurm! Irrlicht, verglimm!”