Winter 1880-81 9 [1-17]
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Was könnten die Deutschen ihrem Schopenhauer verdanken? Daß er den gläsernen und glitzernden Idealismus edler allgemeiner Worte und stolzer Gefühle vernichtete, welchen namentlich Schiller und sein Kreis verbreitet haben und den man am besten aus dem Briefwechsel Wilhelm von Humbold[t]s mit Schiller kennen lernt—jenen falschen “Classicismus,” der einen innerlichen Haß gegen die natürliche Nacktheit und schreckliche Schönheit der Dinge hatte und unwillkürlich mit edel verstellten Gebärden und edel verstellten Stimmen in Bezug auf alles (Charaktere Leidenschaften Zeiten Sitten) eine verkleidete und nur vorgebliche Nacktheit und Gräcität, eine Art Canova-Stil forderte: welches Alles—es ist eine ganze Summe edler Halbheiten—Goethe sehr aus der Nähe quälte, ohne daß er anders dagegen verfuhr als es seine Art war, mild widerstrebend, schweigend, wegsehend, auf seinem besseren und eigenen Wege sich bestärkend. Schopenhauer der Grobe hat die Teufelei der Weit wieder sichtbar werden lassen—er kam nicht ganz so weit, auch die Teufelei des Guten und die Schönheit und Güte der Teufelei zu entdecken und aufzudecken.— Jedenfalls wäre man jetzt sehr rückständig, wenn man nach Schopenhauer noch wie Schiller empfinden würde: aber freilich dem gegenwärtigen Deutschen, wie er wirklich seitdem geworden ist, damit immer noch hundertfach überlegen!