Herbst 1885 - Frühjahr 1886 1 [201-247]
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Es giebt etwas Unbelehrbares im Grunde: einen Granit von factum, von vorausbestimmter Entscheidung im Maaße und Verhältniß zu uns und ebenso ein Anrecht auf bestimmte Probleme, eine eingebrannte Abstempelung derselben auf unseren Namen.
Der Versuch, sich anzupassen, die Qual der Vereinsamung, das Verlangen nach einer Gemeinschaft: dies kann sich bei einem Denker so äußern, daß er an seinem Einzelfall gerade das Persönlichste und Werthsvolle subtrahirt und, indem er verallgemeinert, auch vergemeinert. Dergestalt ist es möglich, daß die ganze ausgesprochene Philosophie eines merkwürdigen Menschen nicht eigentlich sein Philosophie, sonder gerade die seiner Umgebung ist, von der er als Mensch abweicht, paratypisch. Inwiefern Bescheidenheit, Mangel an muthigem “Ich bin” bei einem Denker verhängnißvoll wird. “Der Typus ist interessanter als der Einzel-und Ausnahme-Fall”: insofern kann die Wissenschaftlichkeit des Geschmacks Jemanden dazu bringen, für sich nicht die nöthige Theilnahme und Vorsicht zu haben. Und endlich: Stil, Litteratur, der Wurf und Fall der Worte—was fälscht und verdirbt dies Alles am Persönlichen! Mißtrauen im Schreiben, Tyrannei der Eitelkeit des Gut-schreibens: welches jedenfalls ein Gesellschafts-kleid ist und uns auch versteckt. Der Geschmack feindlich dem Originellen! eine alte Geschichte.
Stil, der mittheilt: und Stil, der nur Zeichen ist, “in memoriam.” Der todte Stil eine Maskerade; bei anderen der lebendige Stil. Die Entpersönlichung.