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Die Verehrung des klassischen Alterthums, wie sie die Italiäner zeigten, das heisst also die einzig ernsthafte uneigennützige hingebende Verehrung, welche das Alterthum bis jetzt gefunden hat, ist ein grossartiges Beispiel der Don Quixoterie: und so etwas ist also Philologie besten Falls. So schon bei den alexandrinischen Gelehrten, so bei allen den Sophisten des ersten und zweiten Jahrhunderts, bei den Atticisten usw. Man ahmt etwas rein Chimärisches nach, und läuft einer Wunderwelt hinterdrein, die nie existirt hat. Es geht ein solcher Zug schon durch das Alterthum: die Art, wie man die homerischen Helden copirte, der ganze Verkehr mit dem Mythus hat etwas davon. Allmählich ist das ganze Griechenthum selber zu einem Objecte des Don Quixote geworden. Man kann unsre moderne Welt nicht verstehn, wenn man nicht den ungeheuren Einfluss des rein Phantastischen einsieht. Dem steht nun entgegen: es kann keine Nachahmung geben. Alles Nachahmen ist nur ein künstlerisches Phänomen, also auf den Schein gerichtet; etwas Lebendiges kann Manieren Gedanken usw. annehmen durch Nachahmung, aber sie kann nichts erzeugen. Eine Kultur, welche der griechischen nachläuft, kann nichts erzeugen. Wohl kann der Schaffende überall her entlehnen und sich nähren. Und so werden wir auch nur als Schaffende etwas von den Griechen haben können. Worin aber wären die Philologen Schaffende! Es muss einige unreinliche Gewerbe geben, Abdecker; auch Correctoren: sollen die Philologen etwa so ein unreinliches Gewerbe vorstellen?