Anfang 1880 1 [1-130]
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Das Gute, das Ausgezeichnete thun, ohne Lob dafür zu erwarten, zu stolz sein, Lob dafür anzunehmen, und einen geringschätzigen Blick für den Allzudreisten, welcher trotzdem lobt, bereit halten, und an diese männliche Praxis jedermann aus seiner Umgebung gewöhnen; das Gelobtwerden aber den weibischen und künstlerischen Naturen gestehen und es da auch gelten lassen, weil diese Naturen ihr Bestes nicht aus Stolz, sondern aus Gründen der Eitelkeit thun.— Das ist das Rechte! Wenn wir es nur in Stunden der vollen Kraft ebenso als das Rechte empfänden, so ist dies gewiß kein Einwand dagegen. Für den Kranken und Müden mag etwas Lob als Würze oder Betäubung nöthig sein.— Zwischen gerechtem und ungerechtem Lobe mache ich hier keinen Unterschied und ebensowenig zwischen gerechtem und ungerechtem Tadel: letzteren sollen wir nicht nur gelten lassen, sondern herausfordern und ermuthigen; vermöge umfänglichen und jederzeit erklingenden Tadelns, sei dieses gerecht oder ungerecht, erheben wir uns über uns selber, denn wir sehen damit uns so, wie wir erscheinen, und zwar in unbestochenen Augen.