August-September 1885 39 [1-22]
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Zur Vorrede.
Das menschliche Begreifen—welches zuletzt immer ein Auslegen nach uns und unseren Bedürfnissen ist—steht im Verhältniß zum Range, den der Mensch in der Ordnung aller Wesen einnimmt. Es möge als Beispiel dienen, wie viel der Finger von dem weiß, was der Klavierspieler mit ihm ausführt. Er wird nichts als mechanische Vorgänge spüren und diese logisch combiniren. Auch unter Menschen üben die Niederen ihre Kräfte, ohne Ahnung, wozu sie im Großen Ganzen dienen. Die gesammte physische Causalität ist hundertfältig ausdeutbar, je nachdem ein Mensch oder andere Wesen sie ausdeuten.— Für gröbere Arten Mensch war die menschliche Art von Güte oder Gerechtigkeit oder Weisheit nachweisbar aus der Natur. Indem feinere geistigere Menschen jetzt diese Nachweisbarkeit ablehnen, thun sie es, weil ihr Begriff von Güte Gerechtigkeit und Weisheit gewachsen ist. Der Atheismus ist die Folge einer Erhöhung des Menschen: im Grunde ist er schamhafter, tiefer und vor der Fülle des Ganzen bescheidener geworden; er hat seine Rangordnung besser begriffen. Je weiter unsere Kenntniß wächst, um so mehr empfindet sich der Mensch in seinem Winkel. Die unverschämtesten und festesten Glaubensartikel, die wir in uns tragen, stammen aus der Zeit der größten Unwissenheit z. B. daß unser Wille Ursache ist usw. Wie naiv tragen wir unsere moralischen Werthschätzungen in die Dinge z. B. wenn wir von Naturgesetzen reden! Es möchte nützlich sein, einmal den Versuch einer völlig verschiedenen Ausdeutungsweise zu machen: damit durch einen erbitterten Widerspruch begriffen werde, wie sehr unbewußt unser moralischer Kanon (Vorzug von Wahrheit, Gesetz, Vernünftigkeit usw.) in unserer ganzen sog Wissenschaft regiert.
Populär ausgedrückt: Gott ist widerlegt, aber der Teufel nicht: und alle göttlichen Funktionen gehören mit hinein in sein Wesen: das Umgekehrte gieng nicht!
Er täuscht, er schafft täuschende Intellekte
Er zerstört mit Vorliebe
Er verdirbt, indem er die Besten antreibt zur höchsten Veredelung
Im Walde: er läßt seine Unschuld anbeten
Zuletzt: warum hassen wir ein solches Wesen?