Ende 1883 22 [1-8]
22 [1]
Allein mit mir und meinem frohlockenden Gewissen
Auf einem Inselchen hattest du deine Freunde bei einander und deine Feinde unter ihnen: wie süß ist es zu lieben und zu hassen!
Muß der Vater nicht dem Sohne auch noch in seinem Besten widerstreben? Und wer je sich ein Recht nahm, wird aus Liebe dies Recht auch dem eigenen Sohne nicht geben.
Wir werden am härtesten für unsere Tugenden bestraft. Und also lerne rathen, wo deine Tugend liegt: dort wo du am härtesten bestraft worden bist.
Einsame Tage wollen auf tapferen Füßen gehen.
Hellsichtig wurde ich: ein diamantenes Schwert zerhaut mir jede Finsterniß.
Der Widerglanz ihres Glücks flog wie Schatten über mich: und als sie sich stark fühlten und sicheren Fußes, schlich Mißtrauen an mich heran und sein Geschwister, die Schwäche.
Man soll das Weib im Weibe erlösen! Und nach dem Mann möge das Weib begehren, aber nicht nach dem Männlichen!
Noch hat man keine Zeit für mich. Aber was liegt an einer Zeit, die keine Zeit für Zarathustra hat!
Man sagt mir, der Mensch liebe sich selber? Ist dies wahr? Ich fand den Menschen auch gegen sich noch immer als das Raubthier aller Raubthiere.
“Was Zarathustra bestimmt hat, wird geschehen: wie sollte seine große Seele ihren Entschluß ändern können!”
Habe Mitleiden mit deinem Fuße, daß er nicht auf Morast trete: und also sollst du den, der seinen Freund verrieth, nicht einmal mit dem Fuße treten.
Daran erkenne ich den Überreichen: er dankt dem, welcher von ihm nimmt.
Das ist mir erst der wahre Redner und Über-Redner, der die Gründe selber überredet, daß sie ihm nachlaufen.
Schnell genug reitest du zu deinem Ziele: aber dein lahmer Fuß sitzt auch mit zu Pferde und wird zu gleicher Zeit mit dir anlangen.
Dies ist meine Furcht für dich: gerade wenn du auf deiner Höhe bist, wirst du stolpern!
Es giebt Schauspieler wider Wissen und Schauspieler wider Willen.
Einige wollen, aber die Meisten werden nur gewollt.
Die Zeit ist abgeflossen, wo du noch Wünsche haben durftest.
Die kleinen Tugenden sind nöthig für die kleinen Leute: aber wer überredet mich zu glauben, daß die kleinen Leute nöthig sind!
Du bist auf ihre Tugenden nicht neidisch—das vergeben sie dir niemals!
Du gehst den Weg der Größe: nun ist für dich Abgrund und Gipfel in Einem beschlossen.
Schaue dich nicht mehr um: das sei dein bester Muth, daß es hinter dir keinen Weg mehr giebt.
Hier soll dir keiner nachschleichen: wo dein Fuß nur schritt, da ist der Weg ausgelöscht und darüber geschrieben: Unmöglichkeit.
Nun ist das deine letzte Zuflucht worden, was bisher dir deine letzte Gefahr hieß.
Dies ist seine Narrheit: er kann alle Warner und Vogelstimmen nicht aushalten—er läuft in seinen Abgrund, weil er vor ihm gewarnt wurde.
“Zufall” nennen es die Schwachen. Aber ich sage euch: was könnte zu mir fallen, was nicht meine Schwere zwänge und an sich zöge?
Seht doch, wie ich mir jeden Zufall erst in meinem Safte koche: und wenn er gar ist, heißt er mir “mein Wille und Schicksal.”
Was meinem Leib und Willen fremd ist an meinem Zufalle, wie könnte ich ihm Gastfreundschaft bieten! Seht doch, nur Freunde kommen zum Freunde.
Aus meinem Glücke selber flogen warnende Vögel auf.
Herrisch kam das Erlebniß: aber mein Wille sprach zu ihm—da lag es schon bittend auf den Knien.
Willst du dem Schreitenden zum Anstoß werden? Willst du vor dem herhumpeln, der Eile hat?
Dem, der rückwärts schaut und vorwärts geht, soll man wider den Leib rennen: daß er seine Augen nicht mit seinen Füßen länger Lügen strafe.
“Es giebt sich” sagt ihr Bequemen: aber die Bequemlichkeit selber nimmt sich immer und wird immer mehr sich nehmen!
Auch was wir unterließen, webt am Gewebe aller Zukunft: auch unser Nichts ist Webemeister und Netzespinnerin.
Mancher ward seiner selber müde: und da erst holte ihn sein Glück ein, das ihm aufgespart war—aber er lief immer auf zu raschen Füßen!
Niesen sollt ihr mir noch ob meines Getränkes: meine schäumenden Weine sollen eure Nasen kitzeln und wollüstig machen.
Fragt meinen Fuß, ob mir eure Weise gefällt: trägt doch der Tänzer sein Ohr in der Zehe.
Dies ist meine letzte Menschlichkeit: ich der Mildeste bin zum Härtesten geworden —
Schlief ich je auf meinem Ruhm ein? Wie ein Bett von Stacheln war mir jeder Ruhm.
Bin ich nicht die Wetterscheide? Kommen alle Winde nicht zu mir und künden mir ihren Willen?
Und nun glüht auch noch das Eis und die Unschuld meiner Gipfel.
Noch gleiche ich dem Hahn auf fremdem Gehöfte, nach dem auch die Hennen beißen.
Es ist mehr Ungerechtigkeit in eurem Verehren als in eurem Verachten
Thut gleich mir: nur der Thäter lernt; und nur als Thäter will ich euer Lehrer sein.
Daß ein Blitz in eure Speisen schlüge! Daß eure Mäuler erst lernten, Feuer fressen!
Ihr rauscht gegen mich auf gleich Wellen: aber ich schlage euch mit meinem Ruder auf die Köpfe. Seht, ihr tragt meinen Nachen in die Unsterblichkeit.
Hier steht mein Wille: an ihm bricht sich noch meines Stolzes Brandung.
Laufende Feuer will ich aus euch machen und Verkünder mit Feuerzungen: aber bisher wart ihr nur dürres Gras und Steppe.
Im dunklen Auge blitzt ihm Gold: ein goldner Kahn schwimmt darin auf schwarzen Gewässern.
Schauspieler haben keine Zeit, auf Gerechtigkeit zu warten: und oft sah ich mir die Ungeduldigen darauf an, ob es nicht Schauspieler seien.
Sie Alle wollen bestehn—und nennen dies Gerechtigkeit. Und “ins Gleiche bringen” —
— zu viel schonen—das sind die Einen: zu viel nachgeben—die Anderen.
Man soll nur stehlen, wenn man nicht rauben kann: so redet die Stimme der Ehre unter Schelmen
Schon fühle ich, daß ich träume: so bin ich wohl nahe dem Aufwachen?
Wie willst du tanzen lernen, wenn du nicht erst gehen lerntest? Aber über dem Tanzenden ist noch der Fliegende und die Seligkeit des Oben und Unten.
Und wer um die Tugenden der Starken wirbt, muß nicht nach den Tugenden der Schwachen begehrlich blicken, sondern streng an diesen hübschen Mägden vorübergehen.
Ach, daß du glaubst verachten zu müssen, wo du nur verzichtetest!
Eines Tages merkte ich, daß ich meine Geduld verloren hatte: da gieng ich aus, sie zu suchen—und ich suchte gut. Aber glaubt ihr wohl, meine Freunde, daß ich sie wieder gefunden hätte? Im Gegentheil: doch fand ich so viel unterwegs auf meiner Reise, daß ich euch davon erzählen muß—und ich schwöre euch’s zu, jetzt gleich bei unsrer ersten Ausfahrt, daß ihr dabei eure Geduld verlieren werdet.— Und meint ja nicht, daß ich’s anders will: denn das Beste von dem Allen, was ich inzwischen lernte und fand, ist eben dies: “es ist für Viele an der Zeit, die Geduld zu verlieren.”
Und zumal für Euch, meine Freunde!
Hütet euch vor allem Halben Wollen und seid entschlossen zur Trägheit wie zur That.
Und wer einst Blitze werfen will, muß lange als Wolke am Himmel hängen.
Das lange Schweigen müßt ihr lernen; und Niemand soll euch in den Grund sehen.
Und nicht das sind die besten Schweiger, die ihr Antlitz verschleiern und ihr Wasser trüben, daß man nicht hindurch schaue.
Sondern die Hellen, die Wackern, die Durchsichtigen sind die besten Schweiger, deren Grund so tief ist, daß er auch durch das hellste Wasser nicht verrathen wird.
An ihnen nämlich verräth sich das Schweigen nicht als Schweigen.
Es ist noch zu früh für mich: bisher war ich nur mein eigner Vorläufer und Herolds-Ruf.
Nicht sollst du durch fremden Schlamm waten: sondern hier ist es deine Kunst, flüchtig wie ein göttlicher Blick der Verachtung über sie weg zu laufen.
Alle gut verfolgten Dinge hatten bisher Erfolg.
Meine Gräber öffneten sich, mein lebendig begrabner Schmerz stand wieder auf. Unter Leichengewänder hatte er sich verborgen, um ganz sich auszuschlafen—um nun, wehe mir, sich ganz auszuwachen!
Mein Glück läuft mir nach, sagte Zarathustra—das kommt davon, daß ich nicht den Weibern nachlaufe: und das Glück ist ein Weib.
Und so weit erniedrigte sich der Mensch vor Gott und trieb seinen Trotz gegen sich, daß er jetzt eine tödtliche Rache haben will: und so mußte der, welcher alles schaute, sterben!
Die Rache am Zeugen — —
Das ist die Arglist in der Scham: sie will bei sich selber glauben, daß sie nur der Gewalt weicht; und was sie am liebsten möchte, soll nur ein Nachgeben sein und die Verzweiflung des Schwächeren.
Wer nichts zu thun hat, dem macht ein Nichts zu schaffen.
Was ich nicht will, daß ihr mir thut, warum sollte ich dies nicht euch thun dürfen? Und wahrlich, das, was ich euch thun muß, gerade das könntet ihr mir nicht thun!
Sie haben alle keinen Charakter: was half’s! sie mußten sich einen stehlen.
Thut immerhin, was ihr wollt: aber seid erst solche, die wollen können!
Liebt immerhin euren Nächsten gleich euch selber: aber seid erst Solche, die sich selber lieben
Ein kleines Licht, aber doch ein großer Trost für den Schiffer, den die Nacht an das wilde Meer verrathen will.
Vergessen: das ist eine göttliche Fertigkeit. Und wer in die Höhe will und fliegen will, muß viel Schweres in die Tiefe werfen und sich leicht machen—das heiße ich göttliche Leicht-Fertigkeit.
Aus der Ferne denkt man übel von einander. Aber zwei Menschen beisammen—wie sollten sie sich nicht wohlwollen!
Die Einsamkeit reift: sie pflanzt nicht.
Wehe, du wolltest ihn kaufen, aber du hast zu wenig geboten, und nun hast du seine Tugend stärker gemacht, weil sie einmal Nein gesagt hat.
Bescheiden ein kleines Glück umarmen und dabei bescheiden schon nach einem neuen kleinen Glücke schielen —
Selbst in Gefängnisse verflog sich meine Freiheit und ihre Neubegierde.
So viel Güte, so viel Schwäche sehe ich: und ihr seid rechtlich und artig miteinander wie Sandkörnchen.
Der Zweck ist es, der jedes Ding und Thun entheiligt: denn was ist Heiligkeit, wenn sie nicht im Herzen und Gewissen des Dings und Thuns sitzt!
Ich will, daß du kein Ding thust mit “um” und “weil” und “damit”—sondern jedes Ding um des Dings Willen und ihm zu Liebe.
Und wenn Einer bisher die Menschen abgründlich verachtete—war er nicht eben dadurch immer ihr größter Wohlthäter?
“Was will diese düstere Wolke von Mensch? Will er uns die Pest bringen!”
“Nehmt die Kinder weg: solche Augen versengen junge Seelen.”
Ihr redet falsch von Ereignissen und Zufällen! Es wird sich euch nie Etwas Andres ereignen, als ihr euch selber! Und was ihr Zufall heißt—ihr selber seid das, was euch zufällt und auf euch fällt!
Mein Glück stand heiß über mir im Mittage, meine Sonne trank durstig am Meere—nun kommt eine Nacht von Wolken daher und plötzliche Winde.
Wohl weiß ich, woher Winde kommen und wohin sie brausen
seinen Willen einpflanzen, daß er ein hoher Baum werde und ein Schattenbringer für ferne Geschlechter noch—ein langer Wille!
Was ist denn das, was ihr euer Gewissen nennt? Nicht ein Gesetz, sondern daß ihr ein Gesetz nöthig habt und einen Arm, der euch halte, ihr Trunkenen Stolperer!
“weich, flüchtig, bescheiden”
soll ich dastehn und über die Metze Glück schimpfen? Oder über die “Stiefmutter Natur”?
Mit Loben und Tadeln ziehst du einen Zaun um dich.
Und wenn du das Leben nicht aushalten kannst, mußt du suchen, es lieb zu gewinnen—solches nämlich war immer der Kunstgriff der Weisesten.
Ihrer Kunst kühnster Griff war es, wenn sie den Teufel sich zu nahe fühlten, an Gott zu glauben.
Sie lernten die Namen tauschen: und so täuschten sie sich über die Dinge. Siehe da die ganze Kunst der Weisesten!
Zum Eigennutz sind die Meisten zu wahnsinnig: ihr Glück macht sie alle wahnsinnig.
Sie opfern Alles für Eins—das ist irgend eine Liebe. Dieser Eigensinn und Eigen-Hang hängt über Allen.
Aus ihrer Liebe quillt ihnen ihr heißer Wahnsinn: der aber ist ein schlechter Rechner und verachtet die kalten Krämer-Tugenden.
Die Krämer-Tugend nämlich, des Krämers geldklebriger Finger und lüsternes Auge—das ist noch unter der Würde des Thieres.
Alles, was bezahlt werden kann, ist wenig werth: diese Lehre speie ich den Krämern ins Gesicht.
Geld geht durch alle Finger: darum lerne mit Handschuhen Geld angreifen und Wechsler.
Gelobt sei die kleine Armut: denn alle Krämer trachten nach großem Reichthum.
Wo Geld klingelt, da herrscht die Hure.
Wer sich stets viel geschont hat, der kränkelt zuletzt an seiner vielen Schonung.
Er redet rauh, aber nicht aus rauher Kehle; jeder Windzug macht ihn heiser reden, diesen Zärtling!
Und oft lehrt man den Verzweifelnden nicht anders Stärke als indem man ihm von seiner Schwäche spricht.
Vielfraße die Einen, die Andern Schmeckerlinge—verächtlich Beide.
Zeuger und Züchter.
Oh diese engen Krämer-Seelen! Wenn das Geld in den Kasten springt, springt des Krämers Seele mit hinein.
Wessen Seele eine Geldkatze und wessen Glück schmutzige Papiere waren—wie möchte dessen Blut je rein werden?
Bis ins zehnte Geschlecht noch wird es matt und faulicht fließen: der Krämer Nachkommen sind unanständig.
Von den Schreib- und Schreihälsen. Von den Eintags-Lehrern.
Weiche von mir, mein Versucher, sagte Zarathustra zu dem Alten und küßte ihm dabei die zitternde Hand; er lächelte bei seinen eignen Worten, denn ihm kam eine Erinnerung.
Es ist die Zeit der kleinen Leute.
In der linksten Zehe noch mehr Sinn für das Rechte haben als jene in ihrem Kopfe.
Chor der Narren d. h. der Weisen, die zeitweilig sich unwissend und thöricht fühlen
Chor der Armen d. h. der Geringen Überflüssigen, deren Joch leicht ist.— Emerson p. 283
Nicht für seinen Glauben, sondern für den Zweifel an seinem Glauben verbrannt werden—
Ich will nicht mehr verbergen, wie ich fühle: was redet ihr mir von Wahrheit!
Sein Geist ist eingefangen in den Käfig seines engen Herzens.
Liebe ich denn die Menschen? Aber sie gehören zu meinem Vorhaben—das aber ist meine ganze Liebe.
Mißtrauisch und geschwürig, bereit zu plötzlichem Willen, entschlossener Warter und Lauerer
Was ich nicht vorher gewollt habe, das muß ich nachher wollen—eine andere Wahl ist mir nicht gestellt worden.
Gegen die steifen Weisen, von ihnen erlösend—die Seele, der Alles Spiel wird.
Sie wollen, daß ihnen Niemand wehethue: so kommen sie jedem zuvor und thun ihm wohl—diese Feiglinge!
“Thut, was ihr wollt, aber hütet euch damit aufzufallen! Thut, was ihr könnt, aber hütet euch damit anzustoßen!” Recept zur Gewöhnlichkeit.
Es giebt in der Tugend keine Sprünge.
seinen Feind suchen, seinen Freund finden
Recept: lang wollen, keine Lüsternheit, schweigen lernen, Einsamkeit lernen, tiefes Mißtrauen lernen
der Stein wird mürbe
dem Willen ein Rückgrat schaffen—durch eine Organisation
Fluch darüber, daß die Besten sich zurückziehn ohne Kinder.
Dem Gottes-Mörder, dem Verführer der Besten, dem Freund der Bösen
Wer die Menschen bisher am meisten verachtete, war er nicht eben dadurch ihr größter Wohlthäter?
— Leichenräuber, die diesen Todten und Halbtodten noch Etwas abzustehlen wissen
Lieber noch Händel als Händler!
Sprich früh und Abends: “ich verachte den Krämer, ich will ihm die langen Finger zerbrechen.”
Das Leiden des höheren Menschen ist nicht sein Niederes, sondern daß er weiß: “es giebt noch Höheres.” In die Höhe gedrückt, gleich dem Balle—das nennen sie “steigen.”
Ihr habt ihren Ehrgeiz erdrosselt! Unter euch die letzten zu sein gelüstete sie mehr als die ersten!
“Die Lust ist ein Weib, sie läuft dem nach, der sie verschmäht.”
Ihr rechnet das Glück Aller aus und habt die Zukünftigen dabei vergessen—das Glück derMeisten!
Fragt doch die Weiber! Man gebiert nicht, weil es Vergnügen macht.
“Es will mir befehlen? Wohlan, ringen wir mit einander: vielleicht ist mein Wille der Stärkere!”—zur Entstehung der Bösen.
Nun lebt Keiner mehr, den ich liebe; wie sollte ich noch das Leben lieben!
Die Engel schmelzen in Thränen, wenn sie ihn lächeln sehn
Müde und glücklich, gleich jedem Schaffenden am siebenten Tage.
Mein Herz war höflich auch gegen arge Zufälle: gegen das Schicksal stachlicht zu sein dünkte mich eine Weisheit für Igel.
Schon laufen die Stunden leichten Fußes über unsere Herzen
Und wenn mir die Leiter fehlte, stieg ich immer auf meinen eigenen Kopf.
Das erst ist Stille: Niemand denkt an mich und Alle reden von mir.
Ich suchte mich und wo mein Ich heim sein dürfe—das war meine schwerste Heimsuchung.
Ich suchte mein schwerstes Joch: da fand ich meine Selbstsucht.
Er ist unerschütterlich, und wenn er klagt, so ist es mehr noch Nachsicht gegen euch und ein Mantel, den er um seine Härte breitet.
Ich lobe das Land nicht, wo Butter und Honig—fließt.
“Das Schlimmste liegt hinter uns”
“ich hielt dich für einen Weisen—was mich aber über Alles an dir verwundert, das ist deine Klugheit.
tölpelhafte Tugenden
“Ich will leben, wie ich Lust habe, oder ich habe keine Lust zu leben”—so denkt noch der Heiligste.
Wo ich immer fürchtete, werde ich endlich wünschen—oh abgründlicher Gedanke, jetzt lerne ich noch, den Abgrund lieben! —
Selbst- und Herrschsucht trieb die Lüge in die höchste Höhe.
Sieh[st] du doch das Gestein der höchsten Berge an? Hat es sich nicht unter den Meeren gebildet?
Hütet euch, ihr Reichsten: an euch empört die kleine Wohlthätigkeit mehr als der große Geiz. Ihr tröpfelt gleich bauchichten Flaschen mit allzu engen Hälsen—oft brach man solchen Flaschen schon die Hälse.
Dieser Nachbar und seine kleine Noth, diese Stadt und ihre kleine Luft—das bröckelt dir täglich deine Stärke ab. Wie wolltest du hier lernen, großes Wehe zu machen!
Unbehülflich wie ein Leichnam
“Seien wir auch in der Tugend bescheiden! Mit Behagen verträgt sich nur die bescheidene Tugend” —
Schreib- und Schreihälse, dampfende Ehrgeizige, Aufdringlinge und Unverschämte —
Will denn ein Trieb, wie ihr lehrt, “befriedigt” sein? Will er frei von sich selber sein und Frieden haben? Wollte jemals ein Wille das Nicht-Wollen?
Daß er schaffe, das ist aller Triebe Treiben: und wenn er eine Weile schläft, so schläft er sich nur aus, um nachher—sich auszuwachen.
Man muß sich ausschlafen, um sich auszuwachen.
Aber ihr mißkehrtet des Willens Wesen zum Widerwillen und Wider-sich-wollen, ihr mißdeutetet immer des müden Willens Stimme und das Schnaufen und Schnarchen des schlafenden.
Ist denn Schlaf eine Erfindung zum Tode? Und wer schlafen will, wäre ein Sterbensmüder? Schnaufen und schnarchen kann auch der Lebendigste.
Gleiches Recht für Alle—das ist die ausbündigste Ungerechtigkeit; denn dabei kommen die höchsten Menschen zu kurz.
Immer wurde Gerechtigkeit am besten gelobt: sie hat das Lob der Meisten—derer, die gleiches Recht nicht haben durften!
Er brütet auf seinem Mißgeschick wie auf einem Ei.
Oh du Erkennender, auch du hast eine Zudringlichkeit! Und das soll dein Lohn sein, daß du immer aller Dinge Vordergrund siehst!
Sein Geist läßt nach—nun wird sein Gutes und Schlimmes sichtbarer: er wird dunkler—ach daß es nur neue Sterne wären, was jetzt sichtbarer wird!