Sommer 1883 12 [1-49]
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Höre mich eine kleine Weile, oh Zarathustra—sagte eines Tages ein Schüler—es geht mir Etwas im Kopfe herum; oder fast möchte ich glauben, mein Kopf gehe um Etwas herum, also daß er sich im Kreise dreht.
Was ist denn das, unser Nächster? Etwas an uns, Veränderungen an uns, die uns bewußt geworden sind: ein Bild ist unser Nächster.
Aber was sind wir selber? Sind wir selber nicht auch nur Bild? Ein Etwas an uns, Veränderungen an uns, die uns bewußt geworden sind?
Unser Selbst, von dem wir wissen: ist nicht auch das nur ein Bild, ein Außer-uns, Äußeres, Äußerliches? Immer rühren wir nur an das Bild, und nicht an uns selber.
Sind wir uns selber nicht eben so fremd und eben so nah als der Nächste?
Wahrlich, wir haben ein Bild vom Menschen—das machten wir aus uns. Und nun wenden wir’s auf uns selber an,—uns zu verstehen! Ach ja, verstehen!
Schlimm, zum Schlimmsten steht es mit unsrem Selbst-verständniß!
Unsre stärksten Gefühle: so weit es Gefühle sind, sind sie ein Äußeres, Äußerliches, Bildliches: Gleichnisse sind sie.
Und was wir innere Welt sonst nannten: Ach, arm und trügerisch und hohl und dichterisch ist sie am meisten!