Anfang 1886 - Frühjahr 1886 4 [1-9]
4 [5]
Es giebt einen Theil der Nacht, von welchem ein Einsiedler sagen wird: “horch’ jetzt hört die Zeit auf!” Bei allen Nachtwachen, insbesondere, wenn man sich auf ungewöhnlichen nächtlichen Fahrten und Wanderungen befindet, hat man in Bezug auf diesen Theil der Nacht (ich meine die Stunden von Eins bis Drei) ein wunderliches erstauntes Gefühl, eine Art von “Viel zu kurz!” oder “Viel zu lang!,” kurz den Eindruck einer Zeit-Anomalie. Sollten wir es in jenen Stunden, als ausnahmsweise Wachende, abzubüßen haben, daß wir für gewöhnlich um jene Zeit uns in dem Zeit-Chaos der Traumwelt befinden? Genug, Nachts von Eins bis Drei haben wir “keine Uhr im Kopfe.” Mich dünkt, daß eben dies auch die Alten ausdrückten mit “intempestiva nocte” und “¦< •Tk@<LiJ\” (Aeschylos), also “da in der Nacht, wo es keine Zeit giebt”; und auch ein dunkles Wort Homer’s zur Bezeichnung des tiefsten stillsten Theils der Nacht lege ich mir etymologisch auf diesen Gedanken zurecht, mögen die Übersetzer es immerhin mit “Zeit der Nachtmelke” wiederzugeben glauben—: wo in aller Welt war man denn je dermaaßen thöricht, daß man da die Kühe des Nachts zwischen Eins und Drei melkte!— Aber wem erzählst du da deine Nachtgedanken? —