Winter 1869-70 - Frühjahr 1870 2 [1-31]
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Das Musikdrama im griechischen Alterthum.
Sokrates und die griechische Tragödie.
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Die Musik ist eine Sprache, die einer unendlichen Verdeutlichung fähig ist.
Die Sprache deutet nur durch Begriffe, also durch das Medium des Gedankens entsteht die Mitempfindung. Dies setzt ihr eine Grenze.
Dies gilt nur von der objektiven Schriftsprache, die Wortsprache ist tönend: und die Intervalle, die Rhythmen, die Tempi’s, die Stärke und Betonung sind alle symbolisch für den darzustellenden Gefühlsinhalt. Dies ist zugleich alles der Musik zu eigen. Die größte Masse des Gefühls aber äußert sich nicht durch Worte. Und auch das Wort deutet eben nur hin: es ist die Oberfläche der bewegten See, während sie in der Tiefe stürmt. Hier ist die Grenze des Wortdramas. Unfähigkeit, das Nebeneinander darzustellen.
Ungeheurer Prozeß des Veraltens in der Musik: alles Symbolische kann nachgemacht werden und dadurch todtgemacht: fortwährende Entwicklung der “Phrase.”
Darin ist die Musik eine der flüchtigsten Künste, ja sie hat etwas von der Kunst des Mimen. Nur pflegt das Gefühlsleben der Meister eine geraume Zeit voraus zu sein. Entwicklung der unverständlichen Hieroglyphe bis zur Phrase.
Die Dichtung ist häufig auf einem Wege zur Musik: entweder indem sie die allerzartesten Begriffe aufsucht, in deren Bereich das Grobmaterielle des Begriffs fast entschwindet — — —