Winter 1884-85 32 [1-22]
32 [10]
Der freiwillige Bettler.
Erst dann kehrte ich zur Natur zurück
— Gehörst du zu denen, welche begeistert sind für grünes Gemüse, allen Freuden des Fleisches abhold? predige Bergpredigten und Philosophie fürs liebe Vieh
— sie sind kalt: daß ein Blitz in ihre Speisen schlüge und ihre Mäuler lernten Feuer fressen!
— meiner selber ward ich müde: und siehe, da erst kam mein Glück zu mir, das auf mich gewartet hatte seit Anbeginn.
— sie sitzen da mit gebundenen Pfoten, diese Kratz-Katzen, nun können sie nicht kratzen, aber sie blicken Gift aus grünen Augen.
— mancher schon warf sich aus seiner Höhe herab. Das Mitleiden mit den Niedrigen verführte ihn: nun liegt er da mit gebrochnen Gliedmaßen.
— was half es, daß ich so that! Ich horchte auf Wiederhall, aber ich hörte nur Lob.
— 1mit Diebsaugen, ob sie schon im Reichthum sitzen. Und Manche von ihnen nenne ich Lumpensammler und Aasvögel.
— 1ich sah sie, wie sie’s von ihren Vätern her gewohnt sind, lange Finger machen: da zog ich’s vor, den Kürzeren zu ziehn.
— 1lüsterne Augen, gallichte Seelen
— 1lieber noch Händel als diese Händler! Mit Handschuhen soll man Geld und Wechsler angreifen!
— 1die kleine Wohlthätigkeit empört, wo die größte kaum verziehen wird.
— 1ihr überreichen, ihr tröpfelt gleich bauchichten Flaschen, aus allzuengen Hälsen: hütet euch, solchen Flaschen brach Ungeduld oft schon die Hälse!
— 1ich schämte mich des Reichthums, als ich unsre Reichen sah, ich warf von mir was ich hatte und warf mich dabei selber hinaus in eine Wüste.
2 — Mein werther Fremdling, wo weiltest du? Treibt heute nicht Jedermann Schacher? sie sind allesammt selber käuflich, nur nicht für jeden Preis: willst du sie aber kaufen, so biete nicht zu wenig, du stärkst sonst ihre Tugend. Sie sagen dir sonst Nein! und gehn gebläht davon, als die Unbestechlichen—alle diese Eintagslehrer und Papier-Schmeißfliegen!
— enge Seelen, Krämer-Seelen: denn wenn das Geld in den Kasten springt, springt des Krämers Seele mit hinein.
— “Daran erkenne ich den überreichen: er dankt dem, der nimmt” sagt Zarathustra.
— 1Sträflinge des Reichthums, deren Gedanken kalt gleich Ketten klirren.
— 1sie erfanden sich die heiligste Langeweile und die Begierde nach Mond- und Werkel-Tagen
— wie ein Wanderer, der von fernen Dingen träumt, unversehens einen schlafenden Hund auf einsamer Straße anstößt:
wie Todfeinde fahren da die Beiden sich an, beide zum Tod erschreckt: und doch, im Grunde: wie wenig fehlte, daß die Beiden sich streichelten und liebkosten, die zwei Einsamen!
— nicht aus jener alten pfiffigen Frömmigkeit, welche sprach, “den Armen geben, das ist Gott leihen. Seid gute Bankhalter!”
— ihr liebt den Nutzen als das Fuhrwerk eurer Neigungen, aber ist der Lärm seiner Räder euch nicht unerträglich? Ich liebe das Unnützliche.
— 1ihre Weiber: willfährig lüstern vergeßlich: sie haben’s alle nicht weit zur Hure.
Ich liebe die Stille, und jene lieben den Lärm, darum — — —