Herbst 1883 17 [1-89]
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Vergnügte Säue oder sterbende Fechter—giebt es denn keine andere Wahl?
Ein lüsternes Auge über eine gallichte Seele
Wenn man das Todte aufgräbt, wird immer viel Lebendiges krank; unter dem Schutte wohnen Krankheiten und schlimme Dünste.
Die Todtengräber graben sich Krankheiten an, — — —
Wir fangen als Nachahmer an und enden damit uns nachzuahmen—dies ist die letzte Kindheit.
Das Mitleiden des Größten ist hart, gleich dem Händedruck des Riesen.
Ich wollte ihnen ein Licht sein, aber ich habe sie blind gemacht; so klagt jede Sonne, sie sticht die Augen aus.
Wie komme ich durch das Stadtthor? sagte Zarathustra—ich verlernte es, Zwerg zu sein.
Das Größte an dem Großen ist das Mütterliche: der Vater ist nur ein Zufall.
Daß sie gebären müssen, heißt ihnen Zukunft; sie verstehen nicht, was ihr Glück wird—sie brüsten sich keiner “Freiheit.”
Von meinen Schnee-Gipfeln abwärts finde ich jede Blume, ich bin Allzu-Mensch, ich bin auch noch Fast-Thier.
Meine Raserei noch ist mir gehorsam
und nicht immer kommen die Kindlein zu dem, der sie kommen läßt.
Ihr hustet, aber das ist kein Einwand gegen starke Winde.
Euer Maul brüllt: Essen und Trinken! Euer Bauch brüllt dazu, Viel! Euer lüsternes Auge: gut!
Ach, sagte Zarathustra, ich kann mir die Hölle nicht erlassen—die Unterwelt, wo alles Todte wider mich aufsteht, und auch die Schatten noch reden: Leben ist Folterung.
Eure Krankheiten treten gegen euch auf und verklagen euch ob der Tugenden, deren ihr euch brüstet: und was euch nicht auf den Leib paßt, wie sollte das ein — — —
An euren öffentlichen Meinungen seid ihr kränker noch als an euren öffentlichen Mädchen: und das gerade sind eure heimlichsten Krankheiten.
Es ist eine große Heuchelei unter euch: die welche befehlen, heucheln die Tugenden der Gehorchenden.
Zum Herrschen geboren, aber wo hätte ich einen Lehrer finden sollen des Herrschens? So suche ich zu überreden, wo ich befehlen sollte!
überreden aber ist die Schmeichelei des Höheren gegen den Niederen und des Herrn gegen — — —
Und erst wenn Alles nach unserem Willen geht, geht auch Alles nach unserem Wunsche.
Es windet sich wie vor einer Marter: es redet nicht, es thut sich die Marter an, stumm zu sein.
Oh Zarathustra Fürsprecher des Lebens! Du mußt auch Fürsprecher des Leidens sein!
Die Menschen müssen böser werden. Zarathustra 4 dies ist mir das größte Leid—ich muß sie böser machen!
und wo ich die langen Finger des Krämers sehe, ziehe ich’s vor, den Kürzeren zu ziehen.
Die schwarze traurige See liegt vor dir—auch darüber mußt du hinweg!
unter Zwergen zu leben
Eingedrückte Häuser sehe ich—ein Kind nahm sie wohl aus der Schachtel. Ein[ge]drückte Seelen
Im Dunkeln fühlt man die Zeit anders als im Hellen.
verdorben durch viele kleine Erfolge—er hat immer leichtes Spiel gehabt—vertraulich und offenherzig, aber niedrig gleich einer Thür, durch die ein Großer nicht hineingeht.
Die weise Vergeßlichkeit und die Kunst, mit jedem Wind zu segeln—zwei neue Tugenden.
Erst wer nach seinem Ziele fährt, hat Fahrwinde.
Den Zufall überlisten und an der Hand führen lasset den Zufall zu mir kommen, er ist unschuldig wie ein Kindlein.
Die Lehre vom Leben Zarathustra 4 furchtbar-dithyrambisch
Samen des Lebens ausgeworfen von Stern zu Stern.
Schönheit verhüllt den Mann
— glatt und hart zu werden muß man seine heimliche Einsamkeit mit unter das Gedränge bringen.
“es thut weh, also ist es schlecht”—dies ist der älteste und jüngste Schluß und aller gemeinen Dinge Gemeinstes.
Seit ich diesen Ursprung des Schlechten verstand, lache ich über alles Geschwätz um Gut und Schlecht.
Jenseits des Guten und des Schlechten
Ich ehre die Tugend, wenn sie die Vorsicht des Schwangeren ist: aber was geht mich die Tugend der Unfruchtbaren an!