Sommer 1883 8 [1-27]
8 [5]
Strafen bei den Germanen: einen Mühlstein auf’s Haupt fallen lassen (mythisch), das Viertheilen durch Pferde, Zertreten durch Pferde; in Oel oder Wein gesotten (14. und 15. Jahrhundert) werden; ebenso im Mittelalter Lebendigbegraben, Vermauern, Verhungern. Das Rädern (rein germanisch), das Schinden (Riemenschneiden aus der Haut). Mit Honig bestreichen und den Fliegen und der heißen Sonne übergeben. Das rechte Bein und den linken Arm abhauen. Nase, Ohren, Lippen, Zunge, Zähne, Augen, Geschlechtstheile.
[Vgl. Albert Hermann Post, Bausteine für eine allgemeine Rechtswissenschaft auf vergleichend-ethnologischer Basis. Bd. 1. Oldenburg: Schulz, 1880:
S. 191:
Hier bietet sich eine Analogie in der mythischen Strafe des germanischen Alterthums, dem Verurtheilten einen Mühlstein aufs Haupt fallen zu lassen.
S. 192:
Dem entspricht das Anbinden einzelner Glieder des Missethäters an den Schweif eines wilden Rosses oder das Zerreissen durch mehrere Pferde (Viertheilen), wie es im germanischen Alterthum und auch in Rom vorkommt.
S. 194:
Die Ausführung der Strafe ist verschieden, indem zum Beispiel im germanischen Alterthum der Pfahl geworfen oder dem Lebendigbegrabenen durchs Herz getrieben wird, während bei den Kandiern der Verurtheilte auf einen Pfahl gespiesst wird.
S. 196:
Ferner findet es sich, dass die Verbrecher gesotten werden. Es wird dies als Strafe im alten China erwähnt, und ebenso findet sich in Deutschland im 14. und 15. Jahrhundert, dass Missethäter in Oel oder Wein gesotten werden.
S. 197:
Dagegen scheint die Strafe des Rades, obgleich muthmasslich arischen Ursprungs, eine Specialität der germanischen Stämme zu sein.
Es könnte sodann auch die Strafe des Schindens noch eine allgemeinere Bedeutung haben. Erwähnt wird sie in Abyssinien, in den assyrischen Strafgesetzen. Es ist damit zu vergleichen das germanische "Riemenschneiden" aus der Haut und das decalvare, die Strafe an Haut und Haar, was sich ähnlich wieder im Avesta findet. In China erscheint dieses selbe Riemenschneiden als eine Art der Folter.
S. 198:
Was sonst noch an Lebensstrafen vorkommt, hat schwerlich irgend eine universalgeschichtliche Bedeutung. Wenn der letzte Kaiser der zweiten Dynastie Tscheu den Fürsten von Khieu einsalzen lässt, so handelt es sich hier um einen Willkürakt, wie solche in der Geschichte Tongkings, der mittelasiatischen Reiche und Marokko's ebenfalls vorkommen. Hierher möchte ich es auch rechnen, wenn von den Kandiern auf Ceylon als Strafe das Zerstossen in einem Mörser erwähnt wird, und vielleicht auch eine Strafe, welche von Bornu berichtet wird, wonach der Dieb im wiederholten Rückfalle bis an den Kopf in die Erde gegraben, mit Butter und Honig eingerieben und so zwölf oder achtzehn Stunden der brennenden Sonne und zahllosen Fliegen und Muskitos ausgesetzt wird, eine Strafe, welche sich übrigens auch im germanischen Alterthum findet, wo ebenfalls der Verbrecher mit Honig bestrichen und in brennender Sonne den Stichen der Fliegen ausgesetzt wird.
S. 206:
Im germanischen Alterthum wird häufig der rechte Arm und das linke Bein genannt oder auch die rechte Hand und der linke Fuss.
S. 333:
Zur Zeit der Höhe der Entwickelung der Compositionensysteme findet man überall genaue Busstaxen für alle Arten von Körperverletzungen. Für Lähmungen und Verstümmelungen aller einzelnen Glieder, der Arme. Beine, Hände, Füsse, der einzelnen Finger und Zehen und deren Glieder, der Augen, Nase, Ohren, Lippen, Zunge, Zähne und deren Arten, der Geschlechtstheile finden sich bestimmte Preisansätze. Wunden werden nach der Länge und nach der Tiefe oder auch nach ihrer Gefährlichkeit taxirt. Auch Schläge haben nach ihrer Art ihren Preis.]