Herbst 1885 - Frühjahr 1886 1 [1-100]
1 [4]
— Die Lehre von den Gegensätzen (gut, böse usw.) hat Werth als Erziehungs-Maaßregel, weil sie Partei ergreifen macht.
— die mächtigsten, und gefährlichsten Leidenschaften des Menschen, an denen er am leichtesten zu Grunde geht, sind so gründlich in Acht gethan, daß damit die mächtigsten Menschen selber unmöglich geworden sind oder sich als böse, als “schädlich und unerlaubt” fühlen müßten. Diese Einbuße ist groß, aber nothwendig bisher gewesen: jetzt, wo eine Menge Gegenkräfte groß gezüchtet sind, durch zeitweilige Unterdrückung jener Leidenschaften (von Herrschsucht, Lust an der Verwandlung und Täuschung) ist deren Entfesselung wieder möglich: sie werden nicht mehr die alte Wildheit haben. Wir erlauben uns die zahme Barbarei: man sehe unsere Künstler und Staatsmänner an
— Die Synthesis der Gegensätze und Gegentriebe ein Zeichen von der Gesamtkraft eines Menschen: wie viel kann sie bändigen?
— ein neuer Begriff von Heiligkeit: Plato’s Naivetät—Nicht mehr der Gegensatz der verketzerten Triebe im Vordergrunde
— zu demonstriren, in wiefern die griechische Religion die höhere war als die jüdisch-christliche. Letztere siegte, weil die griechische Religion selber entartet (zurück gegangen) war.
Ziel: die Heiligung der mächtigsten furchtbarsten und bestverrufenen Kräfte, im alten Bilde geredet: die Vergottung des Teufels