Sommer 1886 - Frühjahr 1887 6 [1-26]
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Kritik des bisherigen Pessimismus
Abwehr der eudämonologischen Gesichtspunkte als letzte Reduktion auf die Frage: welchen Sinn hat es? Reduktion der Verdüsterung.— Unser Pessimismus: die Welt ist nicht das werth, was wir glaubten,—unser Glaube selber hat unsre Triebe nach Erkenntniß so gesteigert, daß wir dies heute sagen müssen. Zunächst gilt sie damit als weniger werth: sie wird so zunächst empfunden—nur in diesem Sinne sind wir Pessimisten, nämlich mit dem Willen, uns rückhaltlos diese Umwerthung einzugestehn und uns nichts nach alter Weise vorzuleiern, vorzulügen ... Gerade damit finden wir das Pathos, welches uns vielleicht treibt, neue Werthe zu suchen. In summa: die Welt könnte viel mehr werth sein, als wir glaubten,—wir müssen hinter die Naivetät unsrer Ideale kommen, und daß wir vielleicht im Bewußtsein, ihr die höchste Interpretation zu geben, unserem menschlichen Dasein nicht einmal einen mäßig-billigen Werth gegeben haben.
was ist vergöttert worden? die Werthinstinkte innerhalb der Gemeinde (das, was deren Fortdauer ermöglichte);
was ist verleumdet worden? das, was die höheren Menschen abtrennte von den niederen, die Klüfte-schaffenden Triebe.
Kritik des Causalismus.
Er ist eine Auslegung noch nicht einmal, nur eine Formulirung,
Beschreibung; “das Nacheinander” erwartet immer noch die Auslegung.
Kritik des Begriffs “Erkenntniß.”
Gegen “Erscheinung.”
Unsere große Bescheidung: das Unbekannte nicht vergöttern; wir fangen eben an, wenig zu wissen. Die falschen und verschwendeten Bemühungen.
Unsere “neue Welt”: wir müssen erkennen, bis zu welchem Grade wir die Schöpfer unserer Werthgefühle sind,—also “Sinn” in die Geschichte legen können ...
Dieser Glaube an die Wahrheit geht in uns zu seiner letzten Consequenz—ihr wißt, wie sie lautet:—daß, wenn es überhaupt etwas anzubeten giebt, es der Schein ist, der angebetet werden muß, daß die Lüge—und nicht die Wahrheit.— göttlich ist ...?