September 1870 - Januar 1871 5 [1-125]
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“Alles ist eitel.”
Dies ist nicht wahr—sagen Viele.
Dies ist wahr: wir wollen nicht mehr leben und handeln—sagen Andere.
Aber sie handeln doch fort—auch der Quietismus ist ein Minimum des Handelns; und es ist hier gleichgültig, ob viel oder wenig gelebt wird.
Also wir handeln in völliger Selbstbejahung—sagen andre: wir dienen dem Weltprozeß. Die Erkenntniß, daß der Einzelne sich nicht entziehen kann, hält uns.
Es ist aber gar nicht die Frage, was der Einzelne darüber denkt: jedenfalls muß er handeln und leben, trotz aller Erkenntniß von der Eitelkeit. Diese Erkenntniß ist sehr selten: wo sie da ist, vereinigt sie sich mit dem religiösen oder künstlerischen Bedürfniß.
Eine Weltcorrektion—das ist Religion oder Kunst. Wie muß die Welt erscheinen, um lebenswerth zu sein?
Jetzt kommen die anthropomorphischen Hülfsvorstellungen; die Religionen sind ebenfalls für die bewußte Erkenntniß da, ein Thier hat nichts davon. Das Bedürfniß nach ihnen ist um so stärker, je größer die Erkenntniß von der Eitelkeit ist. Bei den Griechen ist es gering, dagegen ist die Häßlichkeit des Daseins corrigirt durch ihre Götterwelt.