Sommer 1872 - Anfang 1873 19 [151-330]
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Der Mensch hat immer mehr gelernt, sich die Dinge zu adaptiren und sie zu erkennen. Durch die vollendetere Erkenntniß ist er doch nicht den Dingen ferner gerückt, der Mensch steht doch der Wahrheit hierin näher als die Pflanze.
Ein empfundener Reiz und ein Blick auf eine Bewegung, verbunden, ergeben die Kausalität zunächst als Erfahrungssatz: zwei Dinge, nämlich eine bestimmte Empfindung und ein bestimmtes Gesichtsbild erscheinen immer zusammen: daß das Eine die Ursache des Andern ist, ist eine Metapher, entlehnt aus Wille und That: ein Analogieschluß.
Die einzige Kausalität, die uns bewußt ist, ist zwischen Wollen und Thun—diese übertragen wir auf alle Dinge und deuten uns das Verhältniß von zwei immer beisammen befindlichen Veränderungen. Die Absicht oder das Wollen ergiebt die Nomina, das Thun die Verba. Das Thier als wollendes—das ist sein Wesen.
Aus Qualität und That: eine Eigenschaft von uns führt zum Handeln: während im Grunde es so ist, daß aus Handlungen wir auf Eigenschaften schließen: wir nehmen Eigenschaften an, weil wir Handlungen bestimmter Art sehn.
Also: das Erste ist die Handlung, diese verknüpfen wir mit einer Eigenschaft.
Zuerst entsteht das Wort für die Handlung, von da das Wort für die Qualität. Dies Verhältniß übertragen auf alle Dinge ist Causalität.
Zuerst “sehen,” dann “Gesicht.” Das “Sehende” gilt als Ursache des “Sehens.” Zwischen dem Sinn und seiner Funktion empfinden wir ein regelmäßiges Verhältniß: Causalität ist die Übertragung dieses Verhältnisses (von Sinn auf Sinnesfunktion) auf alle Dinge.
Ein Urphänomen ist: den im Auge empfundenen Reiz auf das Auge zu beziehn, das heißt eine Sinneserregung auf den Sinn zu beziehn. An sich gegeben ist ja nur ein Reiz: diesen als Aktion des Auges zu empfinden und ihn sehen zu nennen ist ein Kausalitätsschluß. Einen Reiz als eine Thätigkeit zu empfinden, etwas Passives aktiv zu empfinden ist die erste Kausalitätsempfindung, d. h. die erste Empfindung bringt bereits diese Kausalitätsempfindung hervor. Der innere Zusammenhang von Reiz und Thätigkeit übertragen auf alle Dinge. So ein Wort “sehen” ist ein Wort für jenes Ineinander von Reiz und Thätigkeit. Das Auge ist thätig auf einen Reiz: d. h. sieht. An unseren Sinnesfunktionen deuten wir uns die Welt: d. h. wir setzen überall eine Kausalität voraus, weil wir selbst solche Veränderungen fortwährend erleben.