Sommer 1872 - Anfang 1873 19 [151-330]
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Das Erkennen, ganz streng genommen, hat nur die Form der Tautologie und ist leer. Jede uns fördernde Erkenntniß ist ein Identificiren des Nichtgleichen, des Ähnlichen, d. h. ist wesentlich unlogisch.
Wir gewinnen einen Begriff nur auf diesem Wege und thun nachher, als ob der Begriff “Mensch” etwas Thatsächliches wäre, während er doch nur durch Fallenlassen aller individuellen Züge von uns gebildet ist. Wir setzen voraus, daß die Natur nach einem solchen Begriff verfahre: hier ist aber einmal die Natur und sodann der Begriff anthropomorphisch. Das Übersehn des Individuellen giebt uns den Begriff und damit beginnt unsre Erkenntniß: im Rubriziren, in Aufstellungen von Gattungen. Dem entspricht aber das Wesen der Dinge nicht: es ist ein Erkenntnißprozeß, der das Wesen der Dinge nicht trifft. Viele einzelne Züge bestimmen uns ein Ding, nicht alle: die Gleichheit dieser Züge veranlaßt uns viele Dinge unter einen Begriff zusammenzunehmen.
Wir produziren als Träger der Eigenschaften Wesen und Abstraktionen als Ursachen dieser Eigenschaften.
Daß eine Einheit, ein Baum z. B., uns als Vielheit von Eigenschaften, von Relationen erscheint, ist in doppelter Weise anthropomorphisch: erstens existirt diese abgegrenzte Einheit “Baum” nicht, es ist willkürlich ein Ding so herauszuschneiden (nach dem Auge, nach der Form), es ist jede Relation nicht die wahre absolute Relation, sondern wieder anthropomorphisch gefärbt.