Sommer 1880 3 [101-172]
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170. Das Christenthum hält 1. eine fundamentale Verbesserung des Menschen für möglich ohne Verbesserung ihres Wissens, ohne Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Zustände; 2. es will Enthaltung von der Welt, aber nicht Förderung der Welt; 3. es zieht Leid und Trübsal vor, und erweckt Argwohn gegen das Wohlbefinden; 4. es zieht den Glauben dem Wissen und die Unbegreiflichkeit dem Verständniß vor und macht argwöhnisch gegen die Vernuft; 5. es beachtet Geschlecht, Stand, Volk nicht, diese Unterscheidungen sind ihm unwesentlich; wenn aber mit diesen Unterscheidungen Nothstände verbunden sind, so findet es die Aufrechterhaltung der Unterschiede wünschenswerth, um der Nothstände und ihrer Heilswirkungen halber; 6. es setzt die tiefe Verderbtheit aller Dinge und Menschen voraus und sieht den Untergang als bevorstehend an; es will diesen Untergang nicht aufhalten, es will die Welt sich möglichst verleiden.— Dächte man sich das Christenthum, in seiner ganzen Stärke aufgefaßt, als herrschend, dächte man sich, daß keine Kräfte dagegen wirken, so würde es in kurzer Zeit den Untergang des Menschengeschlechtes herbeiführen: es nimmt den Menschen die Gesundheit, die Freude, das Zutrauen, die Absichten für die Zukunft der Welt (also die Thätigkeit). Diese Consequenz geben einige Kirchenväter zu: sie sehen hier keinen Vorwurf und Einwand.