Sommer 1880 3 [101-172]
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187. Der Dichter läßt den erkennenwollenden Trieb spielen, der Musiker läßt ihn ausruhen,—sollte wirklich Beides neben einander möglich sein? Sind wir ganz der Musik hingegeben, so giebt es keine Worte in unserem Kopfe,—eine große Erleichterung; sobald wir wieder Worte hören und Schlüsse machen, das heißt sobald wir den Text verstehen, ist unsere Empfindung für die Musik oberflächlich geworden: wir verbinden sie jetzt mit Begriffen, wir vergleichen sie mit Gefühlen und üben uns im symbolischen Verstehen,—sehr unterhaltend! Aber mit dem tiefen seltsamen Zauber, der unsern Gedanken einmal Ruhe gab, mit jener farbigen Dämmerung, welche den geistigen Tag einmal auslöschte, ist es vorbei.— Sobald man freilich die Worte nicht mehr versteht, ist Alles wieder in Ordnung: und dies ist glücklicherweise die Regel; immerhin sind billigerweise schlechte Texte den besseren vorzuziehen, weil sie kein Interesse auf sich lenken und überhört sein wollen.— Die Oper will die Augen zugleich beschäftigen, und weil bei der großen Menge die Augen größer sind, als die Ohren, was viel sagen will, so richtet sich die Musik der Oper nach den Augen und begnügt sich, charakteristische Fanfaren zu blasen, sobald etwas Neues zu sehen ist,—Anfang der Barbarei.