August-September 1885 41 [1-16]
41 [10]
— — — Darum kann ich die drei Glücksfälle meines Lebens nicht genugsam preisen, welche zur rechten Zeit noch ausglichen, worin ich etwa durch eine ungesättigte, sehnsüchtige und vereinsamte Jugend zu Schaden gekommen war. Das Erste war, daß ich zeitig in jungen Jahren eine achtbare und gelehrte Beschäftigung fand, welche mir erlaubte, mich in der Nähe der Griechen heimisch zu machen: wenn man mir diesen unbescheidnen aber deutlichen Ausdruck nachsehen will. Solchermaaßen bei Seite gerückt und auf das Beste unterhalten brachte ich [es] nicht leicht über mich, über Etwas, das sich heute begiebt, heftig zu zürnen. Dazu kam, daß ich einem Philosophen ergeben war, der auf eine tapfere Art allem Gegenwärtigen zu widersprechen wußte, ohne doch durch ein Übermaaß von Verneinung die Ehrfurcht selber bei seinem Schüler zu entwurzeln. Endlich bin ich von Kindesbeinen an ein Liebhaber der Musik und auch jeder Zeit guten Musikern selber Freund gewesen: dies Alles zusammen ergab, daß ich wenig Grund hatte, mich um die heutigen Menschen zu kümmern:—denn die guten Musiker sind alle Einsiedler und außer der Zeit.
Ich war schon über die zwanziger Jahre hinaus, als ich dahinter kam, daß mir die Kenntniß der Menschen fehlte. Ist es denn wahrscheinlich, daß Jemand zum Menschenkenner werden könne, der seinen Sinn weder auf Ehren, noch auf Ämter, noch auf Geld, noch auf Weiber ernstlich gerichtet hat und die längsten Stücke jedes Tages mit sich allein verbringt? Hier gäbe es mancherlei Anlaß zu spotten, wenn es nicht wider den guten Geschmack wäre, daß der Urheber eines Buches dessen Vorrede dazu mißbraucht, über sich selber zu spotten. Genug, ich fand Gründe und immer mehrere und bessere Gründe, meinem Lobe wie meinem Tadel gründlich zu mißtrauen; zugleich erwachte eine heftige und plötzliche Neugierde nach “dem Menschen: kurz, ich beschloß, in eine harte und lange Schule zu gehen.