Oktober 1888 23 [1-14]
23 [7]
Mein Satz: die guten Menschen sind die schädlichste Art Menschen. Man antwortet mir: “aber es giebt nur wenige gute Menschen”!— Gott sei Dank! Man wird auch sagen: “es giebt gar keine ganz guten Menschen”— Um so besser! Immer würde ich aber noch aufrecht halten, daß in dem Grade indem ein Mensch gut ist, er schädlich ist.
Woran liegt es, daß man seit 20 Jahren die ersten Fragen des Lebens ernst nehme? Daß man Probleme sehe, wo man ehedem Alles ein für alle Mal laufen ließ?
: der Mangel an Mißtrauen
: die Trägheit, die Furcht vor dem Nachdenken
: das subj[ektive] Behagen, welches keine Gründe findet, in den Dingen Probleme zu sehen
: die Überzeugung, daß ein gutes Herz, eine hulfbereite Hand das Werthvollste sei,—daß man dazu erziehen müsse
: die Ergebung,—der Glaube, daß Alles in guten Händen ist ...
: die Falschmünzerei der Interpretation, welche dieses “Gut” Gott überall wiederfindet
: der Glaube, daß das “Heil der Seele,” überhaupt die moralischen Dinge getrennt sind von all solchen irdisch-leiblichen Fragen: es gilt als niedrig, den Leib und sein Wohlbefinden so ernst nehmen ...
: die Ehrfurcht vor dem Herkommen: es ist pietätlos zu verneinen, oder auch nur Kritik am Überlieferten zu üben
Ecco! Und diese Art Mensch ist die schädlichste Art Mensch