Frühjahr-Sommer 1883 7 [101-274]
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20) Groß genug, um das Verachtete zu vergolden: geistig genug, um den Leib als das Höhere zu begreifen—das ist die Zukunft der Moral!
Wir müssen die Erhabenheit, vor der wir uns in der Natur beugen, in unsern Absichten und Willen begehren—wir sollen die Erlöser der Natur und nicht ihre Vergöttlicher sein! “Vergöttlichung der Natur”—das ist die Folge der Armut, Scham, Angst, Thorheit!
Unsre Handlungen sollen falsch verstanden werden, wie Epicur Falsch verstanden wird! Es charakterisirt jeden Propheten, daß er bald verstanden wurde—es setzt ihn herab! Wir müssen erst Menschen haben, deren Bedeutung nach Jahrhunderten sichtbar wird—unser “Ruhm” bisher war etwas armseliges!— Ich will lange nicht verstanden sein.
Andrerseits müssen wir es tragen, falsch zu verstehen und mehr zu sehen als da ist: oh ihr, die ihr nicht mehr thut als den “großen Menschen” zu verstehen! Eure Kraft sollte die sein, noch hundert Meilen höhere Wesen über ihm zu sehen! Und das nenne ich Idealität: einen Sonnenaufgang zu sehen, wo—eine Kerze angezündet wird!
Das wäre der höchste Glanz auf dem Tode, daß er uns weiter führt in die andre Welt, und daß wir Lust haben an allem Werdenden und darum auch an unsrem Vergehen!