Frühjahr-Sommer 1883 7 [101-274]
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Erster Unsinn: alles Leben ist Wollen eines Zweckes
der Egoism ist Wille zum eigenen Glücke
Zweiter Unsinn: Moralisch ist, einem fremden Willen dienen und Selbstverläugnung.
also der Zweck des Lebens liegt nicht im Glücke: erste Einsicht!
der Zweck des sittlichen Lebens soll im Willen eines Anderen liegen.
Aber was ist denn dieser Wille des Anderen wieder als ein Wille zur Befriedigung?
Meine Ansicht: die Absichten Wünsche Zwecke sind sekundär—“das Streben nach Glück” ist thatsächlich gar nicht allgemein da aber gar ein Streben nach fremdem Glück und Nichtstreben nach eigenem (“Verläugnung”) ist erst gar nicht möglich, während ein theilweises Streben nach eigenem Glück möglich ist.
Bei allem Handeln kommt Viel heraus auch für die Andern!
Der einzelne Wille verfolgt den Zweck: Glück—unmöglich, es zu finden!
Also hat der einzelne Wille einen anderen Willen sich als Zweck vorzusetzen, er ist Mittel für einen Zweck eines Anderen —
Aber, Herr von Hartmann! Sofern er einen Willen überhaupt fördert, sei es den des Nächsten oder des Weltprozesses—so arbeitet er ja an der Verlängerung des Elends: und zwar nachdem er begriffen hat, daß aller Wille wesentlich elend ist! Somit ist seine Förderung entweder Wahnsinn oder Bosheit.
Hier ist aber der zweite Unsinn vorausgesetzt, daß ein unegoistisches Handeln möglich ist.
Der erste Unsinn: alles Handeln ist ein Wollen von Befriedigungen
der zweite Unsinn: es giebt ein unegoistisches Handeln ein Handeln als Nichtwollen des eigenen Selbst, aber Wollen eines fremden Selbst! [Vgl. Eduard von Hartmann, Phänomenologie des sittlichen Bewusstseins. Prolegomena zu jeder künftigen Ethik Berlin: C. Duncker's Verlag (C. Heymons), 1879.]