Frühjahr-Sommer 1883 7 [101-274]
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Urform aller Schutzbewegungen, bei unangenehmer Berührung sich zusammen zu ziehen, alle Theile an sich zu ziehen. Was entspricht dem psychologisch? Die Sammlung: der Schmerz concentrirt uns.
Der Trieb, etwas zu verstecken ist Scham, ein Schutztrieb: auch sich verstecken wollen, wo Colibri z.B. roth werden dabei (ist Wirkung der Angst!)
Der Mensch wird durch seine Instinkte geleitet: die Zwecke sind nur im Dienste der Instinkte gewählt. Instinkte aber sind alte Gewohnheiten des Handelns, Arten, seine vorhandene Kraft auszugeben.
Man soll das Resultat, was ein Instinkt erreicht, nicht “Zweck” nennen!
Seinen Trieben völlig freien Lauf lassen: häufig aber widerstreben sie sich. Das thatsächliche Leben ist ein Ringen der Instinkte, ein Wachsen der Einen, ein Abnehmen der Anderen.
“Verbrauch der aufgespeicherten Nervenkraft.”
“Welche Vorstellung führt zur Aktion? Die, welche den stärksten Trieb erweckt. Welche ist das? Die, welche die größten Annehmlichkeiten verspricht, die angenehmste. Das ist nicht eine Regel, die Ausnahmen zuläßt, sondern ein Gesetz, und hierin beruht die Abhängigkeit des menschlichen Willens” Schneider p. 75
!! Aber der Trieb selber rief erst diese Vorstellung hervor!—sage ich.
Also: die Triebe entscheiden über die Verwendung der aufgehäuften Kraft, nicht darüber, daß überhaupt gehandelt wird. Das wie? ist Sache der Triebe.
Also: wenn der Trieb ins Bewußtsein tritt, so verspricht er Lust. Die versprochene Lust als Ursache der Handlung?— Nicht des Handelns überhaupt, sondern nur der bestimmten Richtung des Handelnden! So auch Stendhal.
Also: wo Vorstellungen zur Aktion führen, da muß der Mensch der Vorstellung folgen, welche am meisten Lust verspricht: der stärkste Trieb entscheidet über die Wahl.
Demnach ist die Moral zu verändern 1) es muß zuerst die Kraftvermehrung ins Auge gefaßt werden 2.) zu zweit die Kraft-Verwendung, das Wie?
Der erste Gesichtspunkt bisher übersehen. [Vgl. Georg Heinrich Schneider, Der thierische Wille: systematische Darstellung und Erklärung der thierischen Triebe und deren Entstehung, Entwickelung und Verbreitung im Thierreiche als Grundlage zu einer vergleichenden Willenslehre. Leipzig: Abel, 1880:65-75.]