Sommer 1872 - Anfang 1873 19 [1-150]
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Das Problem einer Kultur selten richtig gefaßt. Ihr Ziel ist nicht das größtmögliche Glück eines Volkes, auch nicht die ungehinderte Entwicklung aller seiner Begabungen: sondern in der richtigen Proportion dieser Entwicklungen zeigt sie sich. Ihr Ziel zeigt über das Erdenglück hinaus: die Erzeugung großer Werke ist ihr Ziel.
In allen griechischen Trieben zeigt sich eine bändigende Einheit: nennen wir sie den hellenischen Willen. Jeder dieser Triebe versucht allein in’s Unendliche zu existiren. Die alten Philosophen versuchen aus ihnen die Welt zu construiren.
Die Kultur eines Volkes offenbart sich in der einheitlichen Bändigung der Triebe dieses Volkes: die Philosophie bändigt den Erkenntnißtrieb, die Kunst den Formentrieb und die Ekstasis, die •(VB0 den §DTl usw.
Die Erkenntniß isolirt: die älteren Philosophen stellen isolirt dar, was die griechische Kunst zusammen erscheinen läßt.
Der Inhalt der Kunst und der alten Philosophie fällt zusammen, aber als Philosophie sehen wir die isolirten Bestandtheile der Kunst verwendet, um den Erkenntnißtrieb zu bändigen. Das muß sich auch bei den Italiänern zeigen lassen: der Individualismus im Leben und der Kunst.