Sommer 1872 - Anfang 1873 19 [1-150]
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Es ist zwiefach eine künstlerische Kraft da, die bildererzeugende und die auswählende.
Die Traumeswelt beweist die Richtigkeit: der Mensch geht hier nicht bis zur Abstraktion weiter, oder: er wird nicht von den Bildern, die durch’s Auge einströmen, geleitet und modificirt.
Sieht man jene Kraft näher an, so ist hier auch kein künstlerisches ganz freies Erfinden: das wäre etwas Willkürliches, also Unmögliches. Sondern die feinsten Ausstrahlungen von Nerventhätigkeit auf einer Fläche gesehn: sie verhalten sich wie die Chladni’schen Klangfiguren zu dem Klang selbst: so diese Bilder zu der darunter sich bewegenden Nerventhätigkeit. Das allerzarteste sich Schwingen und Zittern! Der künstlerische Prozeß ist physiologisch absolut bestimmt und nothwendig. Alles Denken erscheint uns auf der Oberfläche als willkürlich, als in unserem Belieben: wir bemerken die unendliche Thätigkeit nicht.
Einen künstlerischen Vorgang ohne Gehirn zu denken ist eine starke Anthropopathie: aber ebenso steht es mit dem Willen, der Moral usw.
Das Begehren ist doch nur eine physiologische Ubertät, die sich entladen möchte, und einen Druck bis zum Gehirn ausübt.