Juni-Juli 1885 36 [1-60]
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Deutschland, welches reich ist an geschickten und wohlunterrichteten Gelehrten, ermangelt in einem solchen Maaße seit langer Zeit der großen Seelen, der mächtigen Geister, daß es verlernt zu haben scheint, was eine große Seele, was ein mächtiger Geist ist: und heutzutage stellen sich, beinahe mit gutem Gewissen, und aller Verlegenheit bar, mittelmäßige und dazu noch dazu übel gerathene Menschen an den Markt und preisen sich selber als große Männer, Reformatoren an; wie es zum Beispiel Eugen Dühring thut, ein geschickter und wohlunterrichteter Gelehrter, der aber doch fast mit jedem Worte verräth, daß er eine kleinliche Seele herbergt und durch enge neidische Gefühle zerquetscht wird; auch daß nicht ein mächtiger, überschäumender, wohlthätig-verschwenderischer Geist ihn treibt—sondern der Ehrgeiz! In diesem Zeitalter aber nach Ehren zu geizen, ist eines Philosophen noch viel unwürdiger als in irgend einem früheren Zeitalter: jetzt wo der Pöbel herrscht, wo der Pöbel die Ehren vergiebt!