Ende 1870 - April 1871 7 [1-204]
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Die Empfindung ist nicht Resultat der Zelle, sondern die Zelle ist Resultat der Empfindung d. h. eine künstlerische Projektion, ein Bild. Das Substantielle ist die Empfindung, das Scheinbare der Leib, die Materie. Anschauung wurzelt auf Empfindung. Nothwendiges Verhältniß zwischen Schmerz und Anschauung: das Fühlen ist nicht ohne Objekt möglich, das Objekt-Sein ist Anschauung-Sein. Dies der Urprozeß: der eine Weltwille ist zugleich Selbstanschauung: und er schaut sich als Welt: als Erscheinung. Zeitlos: in jedem kleinsten Zeitpunkt Anschauung der Welt: wäre die Zeit wirklich, so gäbe es keine Folge. Wäre der Raum wirklich, so keine Folge. Unwirklichkeit des Raums und der Zeit. Kein Werden. Oder: das Werden ist Schein. Wie ist aber der Schein des Werdens möglich? d. h. wie ist der Schein möglich neben dem Sein? Wenn der Wille sich anschaut, muß er immer dasselbe sehen, d. h. der Schein muß ebenso sein, wie das Sein, unverändert ewig. Von einem Ziele könnte also nicht die Rede sein, noch weniger von einem Nichterreichen des Zieles. Somit giebt es also unendliche Willen: jeder projicirt sich in jedem Momente und bleibt sich ewig gleich. Somit giebt es für jeden Willen eine verschiedene Zeit. Es giebt keine Leere, die ganze Welt ist Erscheinung, durch und durch, Atom an Atom, ohne Zwischenraum. Voll als Erscheinung wahrnehmbar ist die Welt nur für den einen Willen. Er ist also nicht nur leidend, sondern gebärend: er gebiert den Schein in jedem kleinsten Moment: der als das Nichtreale auch der Nichteine, der Nichtseiende, sondern Werdende ist.