Sommer bis Ende Sept. 1875 12 [1-33]
12 [14]
Gemeinsame Noth.
Sagenstoffe.
Er wuchs in die einfache Erhabenheit des Mythus hinein.
Das lechzende Verlangen der Volksseele.
Er spricht zuerst dem Sinn der Volkssage nach.
Er untersucht die moderne Civilisation.
Endlich findet er den vorwärtsschauenden Blick, er schafft den Mythus um.
Er will selbst mit helfen, die politische Veränderung herbeizuführen: großer Irrthum, er wähnt den Augenblick zur Herstellung des Volkes vor der Thür! Revolutionär zu Gunsten der Theater! [Vgl. Richard Wagner, Eine Mittheilung an meine Freunde (1851). In: Gesammelte Schriften und Dichtungen. Bd. 4. Leipzig: Fritzsch, 1872:378.]
Wirkung durch Schriften, nachhelfend! Die Wirkung wird immer noch als sofortige erstrebt. Auch als Künstler nimmt er darauf noch Rücksicht (Tannhäuser)!!
Er propagirte seinen Glauben als Künstler (auch als Schriftsteller), was am stärksten auf ihn wirkte und ihn bewegte, das faßte er zu Kunstwerken zusammen. Tannhäuser Lohengrin. Es war eine Frage: giebt es noch andre Wagner?
Er schloß von der tiefsten Wirkung, die er empfand, auf die, welche er machen werde. Kunstwerke wurden zu Fragen fühlt ihr so, wie ich fühle, so werdet ihr auch gleich bedürfen. Dabei entdeckte er das Mißverhältniß—furchtbare Vereinsamung. Er hatte keinen Wunsch mehr für den Bestand der politischen Welt.
Er nahm die Musik aus.
Dann, wenn eine Vielheit so leidet, wie er leidet—das wäre Volk. Dann würde sie auch gleich bedürfen. Denn auch sein Streben nach Macht war naturwüchsig, volksmäßig. Er sah sein Kunstwerk näher vor sich und glaubte auch das Volk nahe. Er fand auf sich die tiefste Wirkung vom Volksglauben und vom dramatischen Gesange. Dies paarte er. Was auf ihn wirkte, werde einmal auf das Volk wirken: es werden die sein, welche eine gemeinsame Noth verbindet. Er multiplizirte sich zum Volk.
Dritte Periode: die Zeit erscheint ihm nichtig, er hat sich ganz auf sich zurückgezogen, die Wirkung liegt ihm fern, er legt Partitur neben Partitur hin, entsagt der Macht: die Zukunft wird ganz fern. Treue. Schopenhauer. Er wird einsam.
Es melden sich die Freunde, die Vorboten veränderter Zeiten und Sinne, Herberge gebend—er entdeckt die unvergleichliche Wirkung schon gethan zu haben.
Gefahr von Seiten der Freunde auf der früheren Stufe.
Er sieht in dem Kriege einen Kampf gegen die “Civilisation” und das Vertrauen auf die deutsche Tapferkeit.
Er begreift: seine Kunst ist das Kunstwerk der Zukunft und eine Vorläuferin, eine Anregung zur neuen Gesellschaft. Er versteht seine Stellung zum Kommenden anders, als auf der früheren Stufe.
Treue.