Sommer bis Ende Sept. 1875 12 [1-33]
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Was Thukydides über den Staat denkt.
Thukydides, Buch III cap. 84 ist echt. Es soll unklar sein, und in Stil und Gedanken den <gTJgk4F:`l zeigen, etwas Revolutionäres. Ich meine, man ist vor den Gedanken dieses Capitels erschrocken; zum Theil hat man sie auch wohl nicht verstanden. Und so läßt man sich eines der wenigen Zeugnisse entgehen, wo Thukydides von seiner innersten Gesinnung redet, wo er sagt, was an der Menschennatur ist!
Der Mensch ist neidisch, ein Feind des Hervorragenden, sein Neid will schaden; so erträgt er eine Lage nicht, in der der Neid eine nicht schadende Kraft hat, den gesetzlichen Zustand.
Sie wollen lieber Rache als Recht, lieber egoistischen Gewinn an Stelle einer Lage, wo man ihnen keinen Schaden thut (kein Unrecht zufügt); sie ziehen vor JÎ igk*"\<g4< dem :¬ •*4igÃ< (heißt: dem, daß man sie nicht schädigt, ihnen Unrecht thut)—und doch waren sie in einer Lage, wo der Neid keinen schadenden Charakter hatte.
Sie waren vor einander und vor den Ausbrüchen ihrer Bösartigkeit im Neid geschützt: und nun begaben sie sich in einen schutzlosen Zustand hinein—warum? um Rache an anderen zu nehmen. Sie können eben ihre Affekte nicht beherrschen.
Hier hat Thukydides seine Theorie vom Staate gegeben: und auch gesagt, was geschehen muß, sobald der Staat aufhört—gegenseitige Zerfleischung und Auslassung aller Affekte. Da tritt die menschliche Natur rein hervor, durch den Staat ist sie im Zaum gehalten. Übrigens erscheint hier die B`84l nicht als Produkt der Menschen, nicht als kluge Schutzanstalt der Egoismen gegen einander. Thukydides meint, die Menschen seien eben nicht klug genug dazu, sondern von Affekten beherrscht, momentan. Der Staat ist ihm wohl eine göttliche Institution. Die höchste Verehrung der <`:@4 blickt durch. Menschen könnten nach ihrer nbF4l nicht stiften!
Im Staate herrscht Recht, nicht Rache, wird jeder geschützt vor Unrecht von dern anderen, und die Mißgunst hat keinen schädigenden Charakter. Trotzdem werfen sie ihn um, sie vergessen ihren eigenen Vortheil: so blind sind sie in ihrer Leidenschaft!
Für *4 BVh@Ll ¦B4hL:@ØJgl lese ich *4 B"<JÎl ¦B4nh@<@Ø<Jgl—(*4 B"<JÎl kommt sonst dreimal bei Thukydides vor, v. Register).
Der Adel der Gesinnung besteht zu einem sehr großen Theil aus Gutmüthigkeit (gÜ0hgl): Mangel an Mißtrauen, Harmlosigkeit.