Herbst 1881 11 [201-348]
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Grundgewißheit.
“Ich stelle vor, also giebt es ein Sein” cogito, ergo est.— Daß ich dieses Vorstellende Sein bin, daß Vorstellen eine Thätigkeit des Ich ist, ist nicht mehr gewiß: ebenso wenig alles was ich vorstelle.— Das einzige Sein, welches wir kennen, ist das vorstellende Sein. Wenn wir es richtig beschreiben, so müssen die Prädikate des Seienden überhaupt darin sein. (Indem wir aber das Vorstellen selber als Objekt des Vorstellens nehmen, wird es da nicht durch die Gesetze des Vorstellens getränkt, gefälscht, unsicher?—) Dem Vorstellen ist der Wechsel zu eigen, nicht die Bewegung: wohl Vergehen und Entstehen, und im Vorstellen selber fehlt alles Beharrende; dagegen stellt es zwei Beharrende hin, es glaubt an das Beharren 1) eines Ich 2) eines Inhaltes: dieser Glaube an das Beharrende der Substanz d. h. an das Gleichbleiben Desselben mit sich ist ein Gegensatz gegen den Vorgang der Vorstellung selber. (Selbst wenn ich, wie hier ganz allgemein vom Vorstellen rede, so mache ich ein beharrendes Ding daraus) An sich klar ist aber, daß Vorstellen nichts Ruhendes ist, nichts Sich selber Gleiches Unwandelbares: das Sein also, welches uns einzig verbürgt ist, ist wechselnd, nicht-mit-sich identisch, hat Beziehungen (Bedingtes, das Denken muß einen Inhalt haben, um Denken zu sein).— Dies ist die Grundgewißheit vom Sein. Nun behauptet das Vorstellen gerade das Gegentheil vom Sein! Aber es braucht deshalb nicht wahr zu sein! Sondern vielleicht ist dies Behaupten des Gegentheils eben nur eine Existenz-bedingung dieser Art von Sein, der vorstellenden Art! Das heißt: es wäre das Denken unmöglich, wenn es nicht von Grund aus das Wesen des esse verkennte: es muß die Substanz und das Gleiche behaupten, weil ein Erkennen des völlig Fließenden unmöglich ist, es muß Eigenschaften dem Sein andichten, um selber zu existiren. Es braucht kein Subjekt und kein Objekt zu geben, damit das Vorstellen möglich ist, wohl aber muß das Vorstellen an Beide glauben.— Kurz: was das Denken als das Wirkliche faßt, fassen muß, kann der Gegensatz des Seienden sein!