Sommer 1883 13 [1-36]
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Von den Dichtern.
Das Unvergängliche—das ist nur ein Gleichniß; und die Dichter lügen zuviel.
Sie wissen auch zu wenig und sind schlechte Lerner: so müssen sie schön lügen.
Und am liebsten sind ihnen Wolken: darauf setzen sie ihre bunten Bälge und heißen sie Götter.
Und wenn sie im Grase liegen unter Bäumen, und ihnen zärtliche Regungen kommen: so meinen sie immer, die Natur selber sei in sie verliebt.
Und sie komme, ihnen Heimliches zu sagen und Schmeichelreden; ja die Dichter blähen und brüsten sich ob solcher Vertraulichkeit vor allen Sterblichen.
Er sinkt und seine Teufel ziehn ihn: aber je mehr er sinkt, um so glühender leuchtet sein Auge und die Begierde zu seinen Göttern.
Ich weiß euch zu reiten und neue Sättel aufzulegen. Und wer sich auf das Pferd versteht, versteht sich wohl auch auf den Sattel.
Ihr Harfner und Dichter, was wußtet ihr bisher von der Inbrunst der Töne!
Gespenster-Hauch und -Huschen ist mir all euer Harfenkling-klang: mit dürren Händen rißt ihr in dürre Saiten!
Und wenn euch nicht die Sterne vom Himmel fallen wollen, so werft eure Sterne an den Himmel: und das sei eure ganze Bosheit!
Wir loben nur, was nach unserem Geschmack ist: d. h. wir loben, wenn wir loben, immer unseren Geschmack: was doch wider allen guten Geschmack ist!
Sie meinten kühn zu sein, wenn sie sagten: “es ist nichts mit allem Wissen.”
“Langeweile und Wollüste”—daraus schrieben sie die Geschichte des Erkennenden.
hitzig nach Dingen, die sich alte Weiber erzählen
“Gelobt sei der Nichtswissende und geistig Arme!”
was nicht mehr in eurem Hörer ist, darnach macht ihr ihm Sehnsüchte und Gewissensbisse: aber ich sage euch: ihr solltet ihm nach dem “Noch-Nicht” Durst machen!
Wer schafft, liebt sich selber darin; so muß er sich auch am tiefsten hassen—er ist ausschweifend in diesem Hasse.
“Gelobt seien die geistig Armen, sonderlich wenn es junge Weibchen sind!”
Wer von euch Dichtern hätte nicht seinen Wein verfälscht? Manch giftiger Mischmasch geschah in euren Kellern.