Sommer 1883 13 [1-36]
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Die Büßer des Geistes.
Bist du ein Stern? So mußt du auch wandern wollen und ohne Heimat sein, du Unstäter!
Nun steht er da, so mager in den Rippen, daß er sich über sich selber wundert.
Und also spricht er: “Hat wohl da ein Gott, als ich schlief, mir heimlich Etwas entwendet?
Wahrlich, genug entwendete er mir, sich ein Weibchen daraus zu bilden. Wundersam ist die Armut meiner Rippen.”
Die Gerechtigkeit trat vor mich hin: da zerbrach ich meine Götzen und schämte mich
Einer Buße unterwarf ich mich: ich zwang mein Auge dorthin zu sehen, wohin es ungern sah—und Liebe dorthin zu tragen.
Und wer für sich selber Gift bereiten will, muß Handschuhe von Glas anziehn.
Ungerechter noch war mein Verehren als mein Verachten.
Die Feigen fallen von den Bäumen: sie sind gut und süß. Und indem sie fallen, reißt ihnen die rothe Haut. Ein Nordwind bin ich reifen Feigen.
Und im Stolz über eine Handvoll Gerechtigkeit begingt ihr Frevel an allen Dingen, und ertränktet die Welt mit den Wässern eurer Ungerechtigkeit.
Und was mir Geist einst hieß, ist mir nur noch gleichsam Geist.
Man kann im Meere vor Durst verschmachten und ebenso inmitten allzugesalzener Wahrheiten.
Wer zu weit geht, legt sich zuletzt sogar auf Schnee schlafen—aus Müdigkeit.
Gewissensbisse erziehn zum Beißen.
Mitunter siegt wirklich die Wahrheit: irgend ein Irrthum hat für sie gekämpft.
Der Mensch ist das Thier mit rothen Backen: der Mensch ist das Thier, welches sich zu oft hat schämen müssen.
Lüstlinge giebt es des Geistes: es giebt auch Büßer des Geistes.