April-Juni 1885 34 [1-100]
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Wenn ich etwas von einer Einheit in mir habe, so liegt sie gewiß nicht in dem bewußten Ich und dem Fühlen Wollen Denken, sondern wo anders: in der erhaltenden aneignenden ausscheidenden überwachenden Klugheit meines ganzen Organismus, von dem mein bewußtes Ich nur ein Werkzeug ist.— Fühlen Wollen Denken zeigt überall nur Endphänomene, deren Ursachen uns gänzlich unbekannt sind: das Aufeinanderfolgen dieser Endphänomene, wie als ob eines aus dem anderen folgte, ist wahrscheinlich nur ein Schein: in Wahrheit mögen vielleicht die Ursachen solchergestalt an einander gebunden sein, daß die End-Ursachen nur den Eindruck logischen oder psychologischen Verbandes machen. Ich leugne, daß ein geistiges oder seelisches Phänomen direkte Ursache ist von einem anderen geistigen oder seelischen Phänomen: ob es gleich so scheint. Die wahre Welt der Ursachen ist uns verborgen: sie ist unsäglich complicirter. Der Intellekt und die Sinne sind ein vor allem vereinfachender Apparat. Unsere falsche, verkleinerte, logisirte Welt der Ursachen ist aber die Welt, in welcher wir leben können. Wir sind soweit “erkennend,” daß wir unsere Bedürfnisse befriedigen können.
Das Studium des Leibes giebt einen Begriff von den unsäglichen Complikationen.
Wenn unser Intellekt nicht einige feste Formen hätte, so wäre nicht zu leben. Aber damit ist für die Wahrheit aller logischen Thatsachen nichts bewiesen.