April-Juni 1885 34 [1-100]
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NB. Das Lästigste, was die Schriften unklarer, schlecht geschulter und unphilologischer Geister an sich haben, ist noch nicht einmal ihre mangelhafte Schlußfähigkeit und der unfeste wackelnde Gang ihrer Logik. Es ist die Unfestigkeit der Begriffe selber, für welche sie sich der Worte bedienen: diese Menschen haben nur ungestaltete schwimmende Kleckse von Begriffen im Kopfe.— Den guten Autor aber zeichnet nicht nur die Kraft und Bündigkeit seiner Satz-Form aus: sondern man erräth, man riecht, falls man der Mensch feiner Nüstern ist, daß ein solcher Schriftsteller sich beständig zwingt und übt, vorerst seine Begriffe auf strenge Weise festzustellen und fester zu machen, also mit seinen Worten eindeutige Begriffe zu verbinden: und, bevor das nicht gethan ist, nicht schreiben mag!— Übrigens giebt es manchen Zauber auch im Unsicheren, Dämmernden, Halblichten: so wirkte vielleicht Hegel auf das Ausland am meisten durch seine Kunst, in der Weise eines Betrunkenen von den aller nüchternsten und kältesten Dingen zu reden. Dies war wirklich in dem großen Reiche der Berauschungen eine der seltsamsten, die je erfunden wurden,—und recht eigentlich eine Sache der deutschen Genialität! Denn wir haben, wohin nur Deutsche und deutsche “Tugenden” gedrungen sind, überall auch die Lust und Begierde der groben und feinen Alcoholica hingetragen und mitgebracht.— Vielleicht gehört hierhin auch die berückende Gewalt unserer deutschen Musik.