April-Juni 1885 34 [1-100]
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NB. Ein großer Mensch, ein Mensch, welchen die Natur in großem Stile aufgebaut und erfunden hat, was ist das? Erstens: er hat in seinem gesamten Thun eine lange Logik, die ihrer Länge wegen schwer überschaubar, folglich irreführend ist, eine Fähigkeit, über große Flächen seines Lebens hin seinen Willen auszuspannen und alles kleine Zeug an sich zu verachten und wegzuwerfen, seien darunter auch die schönsten “göttlichsten” Dinge von der Welt. Zweitens: er ist kälter, härter, unbedenklicher und ohne Furcht vor der “Meinung”; es fehlen ihm die Tugenden, welche mit der “Achtung” und dem Geachtetwerden zusammenhängen, überhaupt alles, was zur “Tugend der Heerde” gehört. Kann er nicht führen, so geht er allein; es kommt dann vor, daß er Manches, was ihm auf dem Wege begegnet, angrunzt. 3) er will kein “theilnehmendes” Herz, sondern Diener, Werkzeuge, er ist, im Verkehre mit Menschen, immer darauf aus, etwas aus ihnen zu machen. Er weiß sich unmittheilbar: er findet es geschmacklos, wenn er “vertraulich” wird; und er ist es gewöhnlich nicht, wenn man ihn dafür hält. Wenn er nicht zu sich redet, hat er seine Maske. Er lügt lieber, als daß er die Wahrheit redet: es kostet mehr Geist und Willen. Es ist eine Einsamkeit in ihm, als etwas Unerreichbares für Lob und Tadel, als eine eigene Gerichtsbarkeit, welche keine Instanz über sich hat.