April-Juni 1885 34 [1-100]
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NB. Unser Zeitalter ist in seinen wesentlichsten Instinkten skeptisch: fast alle feineren Gelehrten und Künstler sind es, ob sie es sich schon nicht gerne zugeben. Der Pessimismus, des Nein-sagens[,] ist nur für die Bequemlichkeit des Geistes leichter: unser feuchtes Zeitalter mit demokratischer Luft ist vor allem bequem. Wo der Geist delikater ist, sagt er: “ich weiß nicht”; und “ich traue mir und Niemandem mehr” und “ich weiß nicht mehr, wo aus, noch ein,” und “hoffen—das ist eine Phrase für Verlogene oder für demagogische Redner und Künstler.” Skepsis—ist der Ausdruck einer gewissen physiologischen Beschaffenheit, wie sie bei einer großen Kreuzung vieler Rassen nothwendig entsteht: die vielen vererbten Werthschätzungen sind mit einander im Kampf, stören sich gegenseitig am Wachsen. Die Kraft, welche hier am meisten abhanden kommt, ist der Wille: deshalb große Furcht vor der Verantwortlichkeit, weil Niemand für sich selber gut sagen kann. Versteck unter Gemeinschaften, “Eine Hand deckt die andere” heißt es da. So bildet sich eine Heerden-Art aus: und wer einen starken befehlerischen und verwegenen Willen hat, kommt unbedingt auch zur Herrschaft in solchen Zeiten.