Sommer 1886 - Herbst 1887 5 [1-110]
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Die Antinomie meiner Existenz liegt darin, daß alles das, was ich als radikaler Philosophus radicalis nöthig habe—Freiheit von Beruf, Weib, Kind, Freunden, Gesellschaft, Vaterland, Heimat, Glauben, Freiheit fast von Liebe und Haß—ich als ebenso viel Entbehrungen empfinde, insofern ich glücklicher Weise ein lebendiges Wesen und kein bloßer Abstraktions-Apparat bin. Ich muß hinzufügen, daß mir in jedem Falle die solide Gesundheit fehlt—und daß ich nur in Momenten der Gesundheit die Last jener Entbehrungen weniger hart fühle. Auch weiß ich immer noch nicht die fünf Bedingungen zusammen zu bringen, auf denen eine erträgliche Mittlere meiner labilen Gesundheit sich basiren ließe. Trotzdem wäre es ein verhängnißvoller Fehler, wenn ich, um mir die 5 Bedingungen zu schaffen, mich jener 8 Freiheiten beraubte: Das ist eine objektive Ansicht meiner Lage. —
Die Sache complicirt sich, insofern ich außerdem Dichter bin, wie billig, mit den Bedürfnissen aller Dichter: wozu Sympathie, glänzender Haushalt, Ruhe und dergleichen gehören (in Bezug auf welche Bedürfnisse ich für mein Leben keine andere Bezeichnung habe als Hundestall-Existenz). Die Sache complicirt sich noch einmal, insofern ich außerdem Musiker bin: so daß mir eigentlich nichts im Leben