Herbst 1881 11 [1-100]
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Die Geschichte des Ich gefühls zu beschreiben: und zu zeigen, wie auch im Altruismus jenes Besitzenwollen das Wesentliche ist. Zu zeigen, wie nicht im Begriff “Nicht-ich und Ich” der Hauptfortschritt der Moral liegt, sondern im schärfer-Fassen des Wahren im Anderen und in mir und in der Natur, also das Besitzenwollen immer mehr vom Scheine des Besitzes, von erdichteten Besitzthümern zu befreien, das Ichgefühl also vom Selbstbetruge zu reinigen. Vielleicht endet es damit, daß statt des Ich wir die Verwandtschaften und Feindschaften der Dinge erkennen, Vielheiten also und deren Gesetze: daß wir vom Irrthum des Ich uns zu befreien suchen (der Altruismus ist auch bisher ein Irrthum). Nicht “um der Anderen willen,” sondern “um des Wahren willen leben”! Nicht “ich und du!” Wie könnten, wir “den Anderen” (der selber eine Summe von Wahn ist!) fördern dürfen! Das Ichgefühl umschaffen! Den persönlichen Hang schwächen! An die Wirklichkeit der Dinge das Auge gewöhnen! Von Personen soviel wie möglich vorläufig absehen! Welche Wirkungen muß dies haben! Über die Dinge Herr zu werden suchen und so sein Besitzen-wollen befriedigen! Nicht Menschen besitzen wollen!— Aber heißt dies nicht auch, die Individuen schwächen? Es ist etwas Neues zu schaffen: nicht ego und nicht tu und nicht omnes!
NB. Keinen Besitz in der Jugend erstreben müssen und wollen!: ebenso kein Ansehen, um über Andere zu befehlen—diese beiden Triebe gar nicht zu entwickeln! Uns von den Dingen besitzen lassen (nicht von Personen) und von einem möglichst großen Umfange wahrer Dinge! Was daraus wächst, ist abzuwarten: wir sind Ackerland für die Dinge. Es sollen Bilder des Daseins aus uns wachsen: und wir sollen so sein, wie diese Fruchtbarkeit uns nöthigt zu sein: unsere Neigungen Abneigungen sind die des Ackerlandes, das solche Früchte bringen soll. Die Bilder des Daseins sind das Wichtigste bisher gewesen—sie herrschen über die Menschheit.