Herbst 1881 11 [1-100]
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Reinigung der Seele.— Erster Ursprung von höher und niedriger.
Das aesthetisch-Beleidigende am innerlichen Menschen ohne Haut—blutige Massen, Kothgedärme, Eingeweide, alle jene saugenden pumpenden Unthiere—formlos oder häßlich oder grotesk, dazu für den Geruch peinlich. Also weggedacht! Was davon doch heraustritt, erregt Scham (Koth Urin Speichel Same) Frauen mögen nicht vom Verdauen hören. Byron eine Frau nicht essen sehen (So gehen die Hintergedanken ihren Weg) Dieser durch die Haut verhüllte Leib, der sich zu schämen scheint! Das Gewand an der Theilen, wo sein Wesen nach außen tritt: oder die Hand vor den Mund halten beim Speichelauswerfen. Also: es giebt Ekel-erregendes; je unwissender der Mensch über den Organismus ist, um So mehr fällt ihm rohes Fleisch Verwesung Gestank Maden zusammen ein. Der Mensch, soweit er nicht Gestalt ist, ist sich ekelhaft—er thut alles, um nicht daran zu denken.— Die Lust, die ersichtlich mit diesem innerlichen Menschen zusammenhängt, gilt als niedriger—Nachwirkung des aesthetischen Urtheils. Die Idealisten der Liebe sind Schwärmer der schönen Formen, sie wollen sich täuschen und sind oft empört bei der Vorstellung von Coitus und Samen.— Alles Peinliche Quälende Überheftige hat der Mensch diesem innerlichen Leibe zugeschrieben: um so höher hob er das Sehen Hören die Gestalt das Denken. Das Ekelhafte sollte die Quelle des Unglücks sein!— Wir lernen den Ekel um!
Zweiter Ursprung der Unterscheidung von höher und niedriger. Alles Furchteinflößende als das Mächtigere gilt als höher; alles Andere als niedriger oder gar verächtlich. Als Höchstes—Furcht einflößen und doch wohlthun und wohlwollen!