November 1887 - März 1888 11 [1-100]
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(308) Frau Cosima Wagner ist das einzige Weib größeren Stils, das ich kennen gelernt habe; aber ich rechne ihr es an, daß sie Wagnern verdorben hat. Wie das gekommen ist? Er “verdiente” solch ein Weib nicht: zum Dank dafür verfiel er ihr.— Der Parsifal W[agner]s war zu allererst- und anfänglichst eine Geschmacks-Condescendenz W[agner]s zu den katholischen Instinkten seines Weibes, der Tochter Liszt’s, eine Art Dankbarkeit und Demuth von Seiten einer schwächeren vielfacheren leidenderen Creatur hinauf zu einer, welche zu schützen und zu ermuthigen verstand, das heißt zu einer stärkeren, bornirteren:—zuletzt selbst ein Akt jener ewigen Feigheit des Mannes vor allem “Ewig-Weiblichen.”— Ob nicht alle großen Künstler bisher durch anbetende Weiber verdorben worden sind? Wenn diese unsinnig-eitlen und sinnlichen Affen—denn das sind sie fast allesammt—zum ersten Male und in nächster Nähe den Götzendienst erleben, den das Weib in solchen Fällen mit allen ihren untersten und obersten Begehrungen zu treiben versteht, dann geht es bald genug zu Ende: der letzte Rest von Kritik, Selbstverachtung, Bescheidenheit und Scham vor dem Größeren ist dahin:—von da an sind sie jeder Entartung fähig.— Diese Künstler, die in der herbsten und stärksten Zeit ihrer Entwicklung Gründe genug hatten, ihre Anhängerschaft in Bausch und Bogen zu verachten, diese schweigsam gewordenen Künstler werden unvermeidlich das Opfer jeder ersten intelligenten Liebe (—oder vielmehr jedes Weibs, das intelligent genug ist, sich in Hinsicht auf das Persönlichste des Künstlers intelligent zu geben, ihn als leidend “zu verstehen,” ihn “zu lieben” ...)