Winter 1870-71 - Herbst 1872 8 [1-121]
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Das Subjektive zu erklären. Archilochus, “die Lyrik,” “die musikalische Stimmung” (Schiller) als Geburtsstätte, die sich jetzt in Bildern ausspricht. Die dionysische Manie erscheint mit einem analogen Gleichniß: Liebe zu den Töchtern, mit Schmähung und Verachtung gemischt. Das “Volkslied” dionysisch. Nicht rasende Leidenschaft macht hier den Lyriker, sondern ungeheuer starker dionysischer Wille, der in einem apollinischen Traum sich äußert. Es ist Dionysus, der, eingehend in die Individuation, seine Doppelstimmung ausläßt: der Lyriker spricht von sich, er meint aber nur den Dionysus. Die Subjektivität des Lyrikers ist eine Täuschung. Der schaffende Untergrund ist der dionysische Urschmerz, der sich in einem analogen Bilde äußert, so daß wir nicht zu dem Bilde, sondern zu diesem Untergrunde fortgerissen werden. Gegensatz des Plastikers, der keine Stimmung erregen will, sondern das reine Anschauen verlangt. Ebenso der Epiker, ausgehend vom Bilde, das er rein überliefern will, und dazu regt er Gefühle und Stimmungen an, d. h. der Träumende ist selbst am Traum nur so weit betheiligt, als er den anzuschauenden Dingen nahe stehen muß und sie verstehen muß.
Der Dithyrambus—als der lyrische Chor, der die Leiden der Individuation im Bilde sieht: welches Bild endlich auch dargestellt wird. Der dramatische Vorgang ist nur als Vision gedacht. Die Musik, Tanz, Lyrik ist die dionysische Symbolik, aus der die Vision geboren wird. Erregung des Gefühlsgrundes zur Projektion der Bilder: zwischen denen jetzt eine natürliche Verwandtschaft sein wird.
Wenn nun der erzeugende Untergrund fehlt, sondern rein die Bilder erschaffen werden sollen, das Drama—so ist nichts anderes möglich, als das Epos zu dramatisiren. Das dramatisirte Epos—Shakespeare—Musikuntergrund. Der dramatisirte Traum endet mit dem gestärkten Gefühle des Erwachens. Schauspiel.
Rein apollinisch: Wirkung als Bild.
Die eigentlich dramatische Erschütterung der jetzigen Stücke ist gar nicht künstlerischer Natur, ebensowenig wie Furcht und Mitleid, gänzlich unkünstlerisch.
Das Interesse an der neueren Komödie.
Versuch des Euripides, das Drama ganz apollinisch zu machen, als dramatisirtes Epos, mit der Ethik des Epos: zugleich aber unkünstlerische Wirkungen: Dialektik, Furcht und Mitleid, der pathologische Traum, auf dem Betrug beruhend:
die neuere Komödie nicht Bild, sondern Wirklichkeit und zwar weder apollinisch noch dionysisch, sondern der wahre Mensch: Neugierde, Wollust, Witz, etc.