Frühjahr-Sommer 1883 7 [1-100]
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Da Rée von dem Grundsatze ausgeht, gut sei allein das, was Einer nicht um seiner selber willen thue: so hat er sich in der lächerlichsten Weise selber die Schnur um den Hals gelegt, wenn er der Gesellschaft das Recht geben will, von dem Satze “der Zweck heiligt das Mittel” Gebrauch zu machen. Denn mit allem Strafen von Verbrechen will die Gesellschaft ihre Erhaltung und Förderung—das ist kein Zweifel. Folglich ist ihr Zweck kein guter, kein heiliger: folglich kann ihr Zweck nicht ihre bösen Mittel heiligen.
Wer an “gut” und “böse” hängen bleibt, kann nicht strafen: ebenso wer an “verdient” und “nicht verdient” glaubt: alledem gegenüber muß man die absolute Kausalität aufstellen.— Nur wenn man als höhere Art Mensch sich die Macht nimmt, die geringere zu unterdrücken, in Zaum zu halten, jedenfalls ihr auf alle Weise Feindschaft zu machen: verstehe ich alles “Strafen.” Es ist Unterdrückung—mit dem Worte Recht treibt man Pharisäismus. Ich wüßte nicht, woher es abzuleiten wäre, daß das Stärkere, Höhere seine Macht gegen das Geringere ausüben dürfte: noch weniger, warum es das nicht dürfte.
Überall, wo das Höhere nicht das Mächtigere ist, fehlt etwas am Höheren selber: es ist nur ein Stück und Schatten erst.