Ende 1886 - Frühjahr 1887 7 [1-70]
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[Vgl. Kuno Fischer, Geschichte der neuern Philosophie. Bd. 1, Ed. 2, Th. 2. Descartes' Schule. Geulinx, Malebranche, Baruch Spinoza. Heidelberg: Bassermann, 1865. Geschichte der neuern Philosophie. Bd. 5. Immanuel Kant und seine Lehre.]
Die Metaphysiker
Die Naiven: Lamennais, Michelet, Victor Hugo
Aus der Gewöhnung an unbedingte Autoritäten ist zuletzt ein tiefes Bedürfniß nach unbedingten Autoritäten entstanden:—so stark, daß es selbst in einem kritischen Zeitalter, wie dem Kants, dem Bedürfniß nach Kritik sich als überlegen bewies, und, in einem gewissen Sinne, die ganze Arbeit des kritischen Verstandes sich unterthänig und zu Nutze [zu] machen wußte.— Es bewies, in der darauf folgenden Generation, welche durch ihre historischen Instinkte nothwendig auf das Relative jeder Autorität hingelenkt wurde, noch Ein Mal seine Überlegenheit, als es auch die Hegelsche Entwicklungs-Philosophie, die in Philosophie umgetaufte Historie selbst sich dienstbar machte und die Geschichte als die fortschreitende Selbstoffenbarung, Selbstüberbietung der moralischen Ideen hinstellte. Seit Plato ist die Philosophie unter der Herrschaft der Moral: auch bei seinen Vorgängern spielen moralische Interpretationen entscheidend hinein (bei Anaximander das Zu-Grunde-gehn aller Dinge als Strafe für ihre Emancipation vom reinen Sein, bei Heraklit die Regelmäßigkeit der Erscheinungen als Zeugniß für den sittlich-rechtlichen Charakter des gesammten Werdens)
Was ist das Kriterium der moralischen Handlung? 1) ihre Uneigennützigkeit 2) ihre Allgemeingültigkeit usw. Aber das ist Stuben-Moralistik. Man muß die Völker studiren und zusehn, was jedes Mal das Kriterium ist, und was sich darin ausdrückt. Ein Glaube “ein solches Verhalten gehört zu unseren ersten Existenz-Bedingungen.” Unmoralisch heißt “untergang-bringend.” Nun sind alle diese Gemeinschaften, in denen diese Sätze gefunden wurden, zu Grunde gegangen: einzelne dieser Sätze sind immer von Neuem unterstrichen worden, weil jede neu sich bildende Gemeinschaft sie wieder nöthig hatte z.B. “du sollst nicht stehlen.” Zu Zeiten, wo das Gemeingefühl für die Gesellschaft (z.B. imperium romanum) nicht verlangt werden konnte, warf sich der Trieb auf’s “Heil der Seele,” religiös gesprochen: oder “das größte Glück” philosophisch geredet. Denn auch die griechischen Moral-Philosophen empfanden nicht mehr mit ihrer B`84l.
Spinoza’s psychologischer Hintergrund. Spärlich!
1) Der hedonistische Gesichtspunkt im Vordergrund: Worin besteht die beharrliche Freude oder wie kann der freudige Affekt verewigt werden?
So lange die Freude sich auf etwas Einzelnes bezieht, ist sie beschränkt und vergänglich; sie wird vollkommen, wenn sie nicht mehr mit den Dingen wechselt, sondern in dem wandellosen Zusammenhange ruht; sie ist ewig, wenn ich das All in mein Eigenthum, omnia in mea, verwandle und von diesen omnia mea jeden Augenblick sagen kann “mecum porto”
Im tract. de intell. emendatione Op. II p. 413. “Ich habe den Entschluß gefaßt zu untersuchen, ob sich etwas finden ließe, dessen Besitz mir den Genuß einer dauernden und höchsten Freude ewig gewährte.” “Die Liebe zu einem ewigen und unendlichen Wesen erfüllt das Gemüth mit einer Freude, die jede Art Trauer ausschließt.” “Das höchste Gut ist die Erkenntniß der Einheit unseres Geistes mit dem Universum.”
2) der natürlich-egoistische Gesichtspunkt: Tugend und Macht identisch. Sie entsagt nicht, sie begehrt, sie kämpft nicht gegen, sondern für die Natur; sie ist nicht die Vernichtung, sondern die Befriedigung des mächtigsten Affekts. Gut ist, was unsere Macht fördert: böse das Gegentheil. Tugend folgt aus dem Streben nach Selbsterhaltung. “Was wir thun, thun wir, um unsere Macht zu erhalten und zu vermehren.” “Unter Tugend und Macht verstehe ich dasselbe.”
Finis = appetitus. Virtus = potentia. Eth. IV Defin. VII. VIII.
3) der spezifische “Denker” verräth sich. Die Erkenntniß wird Herr über alle anderen Affekte; sie ist stärker. “Unsere wahre Thätigkeit besteht in der denkenden Natur, in der vernünftigen Betrachtung. Die Begierde zur Thätigkeit = der Begierde vernunftgemäß zu leben.
“ich gebe nicht viel auf die Autorität eines Plato, Aristoteles und Sokrates”; die Lehre von den “substantiellen Formen” (Zweckbegriff in der scholastischen Ausdrucksweise) nennt er “eine Narrheit unter tausend anderen.”
Feuerbach’s “gesunde und frische Sinnlichkeit” “Grundsätze der Philosophie der Zukunft” 1843.
gegen “die abstrakte Philosophie”
Die antike Philosophie hatte den Menschen als Zweck der Natur im Auge
Die christliche Theologie dachte die Erlösung des Menschen als Zweck der göttlichen Vorsehung.
Merkwürdig Spinoza: “ich verstehe unter conscientiae morsus die Traurigkeit, begleitet von der Vorstellung einer vergangenen Sache, die gegen alles Erwarten ausgefallen ist.” Eth. III Prop. XVIII. Schol. I. II. p. 147. 48. Affect. Def. XVII p. 188.
Als Gegensatz das gaudium, wenn der erwartete Ausgang nicht eintrifft und die Furcht plötzlich aufhört. Trotz K. Fischer wäre es möglich, daß hier Spinoza die Bezeichnung a potiori gewählt habe: und daß er als den objektiven Kern jedes “Gewissensbisses” das Bezeichnete ansah. Er mußte ja bei sich die Schuld leugnen: was war also ihm die Thatsache “conscientiae morsus,” welche übrig blieb?
Wenn Alles im letzten Grunde vermöge der göttlichen Macht geschieht, so ist Alles in seiner Art vollkommen, so giebt es kein Übel in der Natur der Dinge; ist der Mensch durchgängig unfrei, so giebt es kein Böses in der Natur des menschlichen Willens; so sind die Übel und das Böse nicht in den Dingen, sondern nur in der Einbildung des Menschen.
In Gott fehlt Wille und Verstand und Persönlichkeit und Zweck.
Spinoza wehrt sich gegen die, welche sagen, Gott wirke alles sub ratione boni. Diese scheinen etwas außerhalb Gottes anzunehmen, das von Gott nicht abhängig ist, worauf er sich wie auf ein Musterbild in seinem Handeln richtet oder wohin er, wie nach einem Ziele trachtet. Das heißt fürwahr Gott dem Schicksale unterwerfen: was die größte Ungereimtheit ist. Eth. 1 Prop. XXXIII Schol. 2.
Der letzte Grund jeder Begebenheit “Gott hat sie gewollt” Asylum ignorantiae. Der Wille Gottes aber ist dem Menschen undurchdringlich. Bei dieser Denkweise würde die Wahrheit dem Menschen in alle Ewigkeit verborgen geblieben sein, wenn nicht die Mathematik (die sich nicht mit Zwecken, sondern lediglich mit der Natur und den Eigenschaften der Größe beschäftigt) dem Menschen eine andere Richtschnur der Wahrheit vorgehalten hätte.
Descartes sagt “ich habe Vieles für wahr gehalten, dessen Irrthum ich jetzt einsehe.” Spinoza “ich habe Vieles für Gut gehalten, von dem ich jetzt einsehe, daß es eitel und werthlos ist.” “Wenn es ein ächtes und unverlierbares Gut giebt, so ist die Befriedigung daran ebenso dauernd und unzerstörbar, so ist meine Freude ewig.”
Psychologischer Fehlschluß: als ob die Dauerhaftigkeit eines Dings die Dauerhaftigkeit der Affektion verbürgte, die ich zu ihm habe!
(vollkommene Abwesenheit des “Künstlers”) Höchste und komische Pedanterie eines Logikers, der seinen Trieb vergöttert
Spinoza glaubt, Alles absolut erkannt zu haben.
Dabei hat er das größte Gefühl von Macht. Der Trieb dazu hat alle anderen Triebe überwältigt und ausgelöscht.
Das Bewußtsein dieser “Erkenntniß” hält bei ihm an: eine Art “Liebe zu Gott” resultirt daraus, eine Freude am Dasein, wie es auch sonst ist, an allem Dasein.
Woher kommen alle Verstimmungen, Trauer, Furcht, Haß, Neid? Aus Einer Quelle: aus unserer Liebe zu den vergänglichen Dingen. Mit dieser Liebe verschwindet auch das ganze Geschlecht jener Begierden
“Obgleich ich die Nichtigkeit der Güter der Welt klar durchschaute, so konnte ich doch Habsucht, Sinneslust und Ehrgeiz nicht ganz ablegen. Eins aber erfuhr ich: so lange mein Geist in jener Betrachtung lebte, war er diesen Begierden abgewendet—und dies gereichte mir zu großem Troste. Denn daraus sah ich, daß jene Übel nicht unheilbar seien. Anfangs das neue Leben seltene, kurze Augenblicke —”
Nichts hat Werth gegenüber dem Werthe klaren Folgerns. Alle anderen Werthe sind nur Folge unklaren Denkens. Schnöde Verwerfung aller Güter des Lebens; beständige Verleumdung von Allem, um Eins in die höchste Höhe zu bringen, das klare Denken. “Aller Zweifel rührt davon her, daß die Dinge ohne Ordnung untersucht werden.”!!!
Wie bei Schopenhauer: die Begierden schweigen unter der Gewalt der aesthetischen Contemplation.
Eine psychologische Erfahrung, falsch und generell ausgedeutet.
Leibniz: “Man muß mit mir ab effectu urtheilen: weil Gott diese Welt, so wie sie ist, gewählt hat, darum ist sie die beste.” Théod. p 506. [Vgl. Kuno Fischer. Geschichte der neuern Philosophie. Bd. 2. Aufl. 2. Leibniz und seine Schule. Zweites Buch. Leibniz' Lehre. Siebzehntes Capitel. Die Theodicee. III. Optimismus. 1. Beweisgründe der besten Welt. Heidelberg: Bassermann, 1867:688. S. Nietzsche's Library. New Sources of Nietzsche's Reading: Kuno Fischer.]
Das theologische Vorurtheil bei Kant, sein unbewußter Dogmatismus, seine moralistische Perspektive als herrschend, lenkend, befehlend
Das BkäJ@< RgØ*@l: wie ist die Thatsache der Erkenntniß möglich?
ist die Erkenntniß überhaupt eine Thatsache?
was ist Erkenntniß? Wenn wir nicht wissen, was Erkenntniß ist, können wir unmöglich die Frage beantworten, ob es Erkenntniß giebt. Sehr schön! Aber wenn ich nicht schon “weiß,” ob es Erkenntniß giebt, geben kann, kann ich die Frage “was ist Erkenntniß” gar nicht vernünftigerweise stellen. Kant glaubt an die Thatsache der Erkenntniß: es ist eine Naivetät, was er will: die Erkenntniß der Erkenntniß!
“Erkenntniß ist Urtheil!” Aber Urtheil ist ein Glaube, daß etwas so und so ist! Und nicht Erkenntniß!
“alle Erkenntniß besteht im synthetischen Urtheilen”—eine nothwendige und allgemeingültige Verknüpfung verschiedener Vorstellungen —
mit dem Charakter der Allgemeinheit (die Sache verhält sich in allen Fällen so und nicht anders)
mit dem Charakter der Nothwendigkeit (das Gegentheil der Behauptung kann nie stattfinden)
Die Rechtmäßigkeit im Glauben an die Erkenntniß wird immer vorausgesetzt: so wie die Rechtmäßigkeit im Gefühl des Gewissensurtheils vorausgesetzt wird. Hier ist die moralische Ontologie das herrschende Vorurtheil.
Also der Schluß ist: 1) es giebt Behauptungen, die wir für allgemeingültig und nothwendig halten
2) der Charakter der Nothwendigkeit und All[gemein]gültigkeit kann nicht aus der Erfahrung stammen
3) folglich muß er ohne Erfahrung, anderswoher sich begründen und eine andere Erkenntnißquelle haben!
Kant schließt 1) es giebt Behauptungen die nur unter gewissen Bedingungen gültig sind
2) diese Bedingung ist, daß es nicht aus der Erfahrung stammt, aus der reinen Vernunft stammt
Also: die Frage ist, woher unser Glaube an die Wahrheit solcher Behauptungen seine Gründe nimmt? Nein, woher er seine Urtheile hat! Aber die Entstehung eines Glaubens, einer starken Überzeugung ist ein psychologisches Problem: und eine sehr begrenzte und enge Erfahrung bringt oft einen solchen Glauben zuwege!
Er setzt bereits voraus, daß es nicht nur “data a posteriori” giebt, sondern auch data a priori, “vor der Erfahrung.” Nothwendigkeit und Allgemeinheit können nie durch Erfahrung gegeben werden: womit ist denn nun klar, daß sie ohne Erfahrung überhaupt da sind?
Es giebt keine einzelnen Urtheile!
Ein einzelnes Urtheil ist niemals “wahr,” niemals Erkenntniß, erst im Zusammenhange, in der Beziehung von vielen Urtheilen ergiebt sich eine Bürgschaft.
Was unterscheidet den wahren und den falschen Glauben?
Was ist Erkenntniß? Er “weiß” es, das ist himmlisch!
Nothwendigkeit und Allgemeinheit können nie durch Erfahrung gegeben werden. Also unabhängig von der Erfahrung, vor aller Erfahrung!
Diejenige Einsicht, die a priori stattfindet, also unabhängig von aller Erfahrung aus der bloßen Vernunft, “eine reine Erkenntniß.”
Die Grundsätze der Logik, der Satz der Identität und des Widerspruchs, sind reine Erkenntnisse, weil sie aller Erfahrung vorausgehen.— Aber das sind gar keine Erkenntnisse! sondern regulative Glaubensartikel!
Um die Apriorität (die reine Vernunftmäßigkeit) der mathematischen Urtheile zu begründen, muß der Raum begriffen werden als eine Form der reinen Vernunft.
Hume hatte erklärt: “es giebt gar keine synthetischen Urtheile a priori.” Kant sagt: doch! die mathematischen! Und wenn es also solche Urtheile giebt, giebt es vielleicht auch Metaphysik, eine Erkenntniß der Dinge durch die reine Vernunft! Quaeritur.
Mathematik ist möglich unter Bedingungen, unter denen Metaphysik nie möglich ist
alle menschliche Erkenntniß ist entweder Erfahrung oder Mathematik
Ein Urtheil ist synthetisch: d.h. es verknüpft verschiedene Vorstellungen
es ist a priori: d.h. jene Verknüpfung ist eine allgemeine und nothwendige, die nie durch sinnliche Wahrnehmung, sondern nur durch reine Vernunft gegeben sein kann.
Soll es synthetische Urtheile a priori geben, so wird die Vernunft im Stande sein müssen, zu verknüpfen: das Verknüpfen ist eine Form. Die Vernunft muß formgebende Vermögen besitzen.
Raum und Zeit als Bedingung der Erfahrung
Kant bezeichnet die französiche Revolution als den Übergang aus dem mechan[ischen] in das organische Staatswesen!
Die erfinderischen und bahnbrechenden Geister in den Wissenschaften, die sogenannten “großen Köpfe,” urtheilt Kant, sind spezifisch vom Genie verschieden: was sie entdeckt und erfunden haben, hätte auch können gelernt werden und ist vollständig begriffen und gelernt worden. In Newton’s Werk ist nichts Unlernbares; Homer ist nicht ebenso begreiflich als Newton! “Im Wissenschaftlichen also ist der größte Erfinder vom mühseligsten Nachahmer und Lehrlinge nur dem Grade nach verschieden.” Psychologischer Idiotismus!!
“der Musik hängt ein gewisser Mangel an Urbanität an,” “sie drängt sich gleichsam auf,” “sie thut der Freiheit Abbruch” die Musik und die Farbenkunst bilden eine eigene Gattung unter dem Namen des “schönen Spiels der Empfindungen” Malerei und Gartenkunst zu einander gesellt.
Die Frage, ob die Menschheit eine Tendenz zum Guten hat, wird durch die Frage vorbereitet, ob es eine Begebenheit giebt, die gar nicht anders erklärt werden kann als durch jene moralische Anlage der Menschheit. Dies ist die Revolution. “Ein solches Phänomen in der Menschengeschichte vergißt sich nicht mehr, weil es eine Anlage und ein Vermögen in der menschlichen Natur zum Besseren aufgedeckt hat, dergleichen kein Politiker aus dem bisherigen Lauf der Dinge herausgeklügelt hätte.”
Wenn sich die Menschheit zunehmend verschlechtert, so ist ihr Ziel das absolut Schlechte: die terroristische Vorstellungsart im Gegensatz zu der eudämonistischen Vorstellungsart oder dem “Chiliasmus.” Schwankt die Geschichte zwischen Fort- und Rückschritt hin und her, ist ihr ganzes Treiben zweck- und ziellos, nichts als eine geschäftige Thorheit, so daß sich Gutes und Böses gegenseitig neutralisiren und das Ganze als ein Possenspiel erscheint: das nennt Kant die abderitische Vorstellungsart.
[Kant] sieht in der Geschichte nichts anderes als eine moralische Bewegung.
“Ein gewissenhafter Ketzerrichter ist eine contradictio in adjecto”
Psychologischer Idiotismus
ohne die Wiedergeburt sind alle menschlichen Tugenden nach Kant glänzende Armseligkeiten. Diese Besserung ist möglich nur vermöge des intelligiblen Charakters; ohne ihn giebt es keine Freiheit weder in der Welt, noch im Willen des Menschen, noch zur Erlösung vom Bösen. Wenn die Erlösung nicht in der Besserung besteht, kann sie nur in der Vernichtung bestehn. Der Ursprung des empirischen Charakters, der Hang zum Bösen, die Wiedergeburt sind bei Kant Thaten des intelligiblen Charakters; der empirische Charakter muß an seiner Wurzel eine Umkehr erfahren.
der ganze Schopenhauer.
Das Mitleid eine Verschwendung der Gefühle, ein der moralischen Gesundheit schädlicher Parasit, “es kann unmöglich Pflicht sein, die Übel in der Welt zu vermehren.” Wenn man bloß aus Mitleid wohlthut, so thut man eigentlich sich selbst wohl und nicht dem Anderen. M[itleid] beruht nicht auf Maximen, sondern auf Affekten; es ist pathologisch; das fremde Leiden steckt uns an, Mitleid ist eine Ansteckung.
die ganzen Gebärden und Worte der Unterwürfigkeit; “als in welcher Pedanterie die Deutschen [es] unter allen Völkern der Erde am weitesten gebracht haben” “sind das nicht Beweise eines ausgebreiteten Hangs zur Kriecherei unter den Menschen?” “Wer sich aber zum Wurm macht, kann nachher nicht klagen, daß er mit Füßen getreten wird.”
“Zwei Dinge erfüllen das Gemüth mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der gestirnte Himmel über uns und das moralische Gesetz in uns.”
Er fährt fort: “der erste Anblick einer zahllosen Wolkenmenge vernichtet gleichsam meine Wichtigkeit als eines thierischen Geschöpfes, das die Materie, daraus es ward, dem Planeten (einem bloßen Punkte im Weltall) wieder zurückgeben muß, nachdem es eine kurze Zeit, man weiß nicht wie, mit lebender Kraft versehen gewesen. Der zweite dagegen erhebt meinen Werth als eine Intelligenz unendlich
Die Denkbarkeit der Freiheit beruht auf der transscendentalen Ästhetik. Kommen Zeit und Raum den Dingen als solchen zu, so sind die Erscheinungen gleich den Dingen an sich, so ist zwischen beiden keine Erscheinung möglich, so giebt es nichts von der Zeit unabhängiges, so ist die Freiheit schlechterdings unmöglich. Freiheit kann nur gedacht werden als Eigenschaft eines Wesens, das den Bedingungen der Zeit nicht unterliegt, also nicht Erscheinung, nicht Vorstellung, sondern Ding an sich ist.
Warum sind Erscheinungen nicht Dinge an sich? Weil sie in Raum und Zeit sind, und Raum und Zeit reine Anschauungen sind.
Gegen die angebliche psychologische Freiheit sagt Kant: “Wenn unsere Freiheit darin bestände, daß wir durch Vorstellungen getrieben werden, als ein automaton spirituale” so “würde sie im Grunde nicht besser als die Freiheit eines Bratenwenders sein, der auch, wenn er einmal aufgezogen worden, von selbst seine Bewegungen verrichtet.”
Die Freiheit ist undenkbar in der Erscheinungswelt, es sei die äußere oder die innere