Ende 1886 - Frühjahr 1887 7 [1-70]
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homines religiosi
Die Reformation: Eine der verlogensten Eruptionen von gemeinen Instinkten
Eine Anzahl starker, unbändig gewordener und gründlich gemeiner Triebe will in freie Luft: es thut Nichts noth als Vorwände, namentlich großartige Worte zu erfinden, unter denen diese wilden Thiere herausgelassen werden dürfen.
Luther der psychologische Typus: ein wüster und uneigentlicher Bauer, der mit der “evangelischen Freiheit” allen aufgehäuften gewaltthätigen Bedürfnissen Luft macht.
man will einmal wieder Herr sein, rauben, niederwerfen, verfluchen, eingerechnet daß die Sinne ihre Rechnung finden wollen: vor Allem, man sieht lüstern nach dem ungeheuren Reichthum der Kirche.
Der Priester zeitweilig der Gott selbst, mindestens sein Stellvertreter
An sich sind asketische Gewohnheiten und Übungen noch fern davon, eine widernatürliche und daseinsfeindliche Gesinnung zu verrathen: ebensowenig Entartung und Krankheit
die Selbstüberwindung, mit harten und furchtbaren Erfindungen: ein Mittel Ehrfurcht vor sich zu haben und zu verlangen: Asketik als Mittel der Macht
Der Priester als Repräsentant eines übermenschlichen Machtgefühls, selbst als guter Schauspieler eines Gottes, den darzustellen sein Beruf ist, wird instinktiv nach solchen Mitteln greifen, wodurch er eine gewisse Furchtbarkeit in der Gewalt über sich erlangt
Der Priester als Repräsentant von übermenschlichen Mächten, in Hinsicht auf Erkenntniß, Vorherwissen Fähigkeit zu schaden und zu nützen, auch in Hinsicht auf übermenschliche Entzückungen und Arten des Glücks: —
— der Schauspieler von “Göttern” vor Gesunden, Glücklichen, Hoffenden, Mächtigen
— der Schauspieler vom “Heilande,” wesentlich sich an Kranke und Entbehrende wendend, an Menschen des ressentiments, an Unterdrückte und — — —
— die Priester sind die Schauspieler von irgend etwas Übermenschlichem, dem sie Sinnfälligkeit zu geben haben, sei es vom Idealen, sei es von Göttern, oder von Heilanden: darin finden sie ihren Beruf, dafür haben sie ihre Instinkte; um es so glaubwürdig wie möglich zu machen, müssen sie in der Anähnlichung so weit wie möglich gehen; ihre Schauspieler-Klugheit muß vor allem das gute Gewissen bei ihnen erzielen, mit Hülfe dessen erst wahrhaft überredet werden kann.