Ende 1886 - Frühjahr 1887 7 [1-70]
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Gegen den Positivismus, welcher bei dem Phänomen stehen bleibt “es giebt nur Thatsachen,” würde ich sagen: nein, gerade Thatsachen giebt es nicht, nur Interpretationen. Wir können kein Factum “an sich” feststellen: vielleicht ist es ein Unsinn, so etwas zu wollen. “Es ist alles subjektiv” sagt ihr: aber schon das ist Auslegung, das “Subjekt” ist nichts Gegebenes, sondern etwas Hinzu-Erdichtetes, Dahinter-Gestecktes.— Ist es zuletzt nöthig, den Interpreten noch hinter die Interpretation zu setzen? Schon das ist Dichtung, Hypothese.
Soweit überhaupt das Wort “Erkenntniß” Sinn hat, ist die Welt erkennbar: aber sie ist anders deutbar, sie hat keinen Sinn hinter sich, sondern unzählige Sinne “Perspektivismus.”
Unsre Bedürfnisse sind es, die die Welt auslegen: unsre Triebe und deren Für und Wider. Jeder Trieb ist eine Art Herrschsucht, jeder hat seine Perspektive, welche er als Norm allen übrigen Trieben aufzwingen möchte.