Herbst 1887 9 [1-100]
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(43) Den Werth eines Menschen darnach abschätzen, was er den Menschen nützt oder kostet oder schadet: das bedeutet ebensoviel und ebensowenig als ein Kunstwerk abschätzen je nach den Wirkungen, die es thut. Aber ein Kunstwerk will mit Kunstwerken verglichen sein; und damit ist der Werth des Menschen im Vergleich mit anderen Menschen gar nicht berührt.
Die “moralische Werthschätzung,” so weit sie eine sociale ist, mißt durchaus den Menschen nach seinen Wirkungen.
Ein Mensch mit seinem eignen Geschmack auf der Zunge, umschlossen und versteckt durch seine Einsamkeit, unmittheilbar, unmittheilsam—ein unausgerechneter Mensch, also ein Mensch einer höheren, jedenfalls anderen Species: wie wollt ihr den abwerthen können, da ihr ihn nicht kennen könnt, nicht vergleichen könnt?
Ich finde den typischen Stumpfsinn in Hinsicht auf diesen Werth bei jenem typischen Flachkopf, dem Engländer J. St. Mill: er sagt z.B. von A. Comte “er betrachtete in seinen früheren Tagen Napoleons Namen und Andenken mit einem Ingrimm, der ihm die höchste Ehre macht; später freilich erklärte er Napoleon für einen schätzenswertheren Diktator als Louis Philipp;—etwas, das die Tiefe ermessen läßt, zu der sein sittlicher Maaßstab heruntergesunken war.”
Die moral Abwerthung hat die größte Urtheils-Stumpfheit im Gefolge gehabt: der Werth eines Menschen an sich ist unterschätzt, fast übersehn, fast geleugnet.
Rest der naiven Teleologie: der Werth des M nur in Hinsicht auf die Menschen