Herbst 1887 9 [1-100]
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(50) Die unfreiwillige Naivetät des Larochefoucauld, welcher glaubt, etwas Kühnes, Feines und Paradoxes zu sagen—damals war die “Wahrheit” in psychologischen Dingen etwas, das erstaunen machte—Beispiel: “les grandes âmes ne sont pas celles, qui ont moins de passions et plus de vertus que les âmes communes, mais seulement celles, qui ont de plus grands desseins.” Freilich: J[ohn]. Stuart Mill (der Chamfort den edleren und philosophischeren Larochefoucauld des 18. Jahrhunderts nennt—) sieht in ihm nur den scharfsinnigsten Beobachter alles dessen in der menschlichen Brust, was auf “gewohnheitsmäßige Selbstsucht” zurückgeht und fügt hinzu: “ein edler Geist wird es nicht über sich gewinnen, sich die Nothwendigkeit einer dauernden Betrachtung von Gemeinheit und Niedrigkeit aufzulegen, es wäre denn um zu zeigen, gegen welche verderblichen Einflüsse sich hoher Sinn und Adel des Charakters siegreich zu behaupten vermag.” [Vgl. John Stuart Mill, Über Aphorismen. In: John Stuart Mill's Gesammelte Werke. Autorisirte Übersetzung unter Redaktion von Theodor Gomperz. Bd. 10. Vermischte Schriften politischen, philosophischen und historischen Inhalts. Mit Genehmigung des Verfassers übersetzt von Eduard Wessel. Leipzig: Fues, 1874:42. Henri Joly, Psychologie des grands hommes. Paris: Hachette, 1883:85.]
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| [Vgl. Henri Joly, Psychologie des grands hommes. Paris: Hachette, 1883:64, 66-67, 79, 85, 245-46.] |
Der complicirte Charakter Henri IV: königlich und ernst und wieder mit der Laune eines Buffo, undankbar und treu, großherzig und listig, voll von Geist, Heroism und Absurdität.
“bei den Schriften Friedrich des Großen findet man Flecken von Bier und Tabak auf Seiten eines Mark-Aurel”
Der Admiral de Coligny und der große Condé sind Montmorency durch ihre Mütter. Die männlichen Montmorency sind tüchtige und energische Soldaten, aber keine Genies.
Ebenso leben die großen Feldherrn Moritz und Heinrich von Nassau wieder in Turenne auf, ihrem Neffen, dem Sohn ihrer Schwester Elisabeth
Die Mutter des grossen Condé, Charlotte de Montmorency, in die Henri IV so gründlich verliebt war: er sagte von ihr, sie [sei] einzig, nicht nur in ihrer Schönheit, sondern auch in ihrem Muthe.
Der alte Marquis de Mirabeau sich beklagend, als er sah, wie sein Sohn sich “vers la canaille plumière, écrivassière” neigte
“un certain génie fier, exubérant,”—Mirabeau von seiner Familie.
Napoléon: “j’ai des nerfs fort intraitables; si mon coeur ne battait avec une continuelle lenteur, je courrais risque de devenir fou.”
Descartes hat die Entdeckungen eines Gelehrten mit einer Folge von Schlachten verglichen, die man gegen die Natur liefert.
Voltaire erzählt, daß er den Catilina vollständig in 8 Tagen gemacht habe “Ce tour de force me surprend et m’épouvante encore.”