November 1887 - März 1888 11 [201-300]
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der Mensch hat Recht auf Nichts, er hat Verpflichtungen für die Wohlthaten, die er empfangen hat: er hat mit Niemandem zu rechten. Selbst wenn er sein Leben gäbe, er würde nicht Alles zurückgeben, was er empfangen hat: deshalb kann sein Herr nicht ungerecht gegen ihn sein. Aber wenn der Mensch sein Recht auf das Leben geltend macht, wenn er rechtet mit dem Princip von Allem, von woher er das Leben hat, beweist er nur Eins—er begreift nicht den Sinn des Lebens. Die Menschen, nachdem sie eine Wohlthat empfangen haben, fordern noch etwas Anderes. Die Arbeiter der Parabel befanden sich müssig, unglücklich: der Herr giebt ihnen das höchste Glück des Lebens—die Arbeit. Sie nehmen die Wohlthat an und sind immer noch unzufrieden. Sie sind mit ihrer falschen Theorie vom Recht auf Arbeit gekommen, folglich mit einer Belohnung für ihre Arbeit. Sie begreifen nicht, daß sie das höchste Gut umsonst bekommen haben, daß sie sich erkenntlich dafür zu zeigen haben—und nicht eine Bezahlung fordern. Matth. XX, 1 Luc. 17, 5, 10.
Die Lehre besteht in der Verzichtleistung auf das persönliche Leben: und ihr verlangt den persönlichen Ruhm,—eine persönliche Belohnung ... In der Welt giebt es Ruhm und persönliche Macht; ihr, meine Schüler, sollt wissen, daß der wahre Sinn des Lebens sich nicht im persönlichen Glück befindet, sondern darin, daß man Jedem dient und sich vor Jedem erniedrigt ... Christus empfiehlt ihnen nicht zu glauben: er lehrt sie die wahre Unterscheidung von Gut und Böse, von Wichtig und Sekundär ...
Petrus begreift die Lehre nicht: daher sein Mangel an Glauben. Die Belohnung proportional der Arbeit hat nur Wichtigkeit in Hinsicht auf das persönliche Leben. Der Glaube an die Belohnung für die Arbeit, in Proportion der Arbeit, ist eine Folge der Theorie des persönlichen Lebens ... [Vgl. Lev Nikolayevich Tolstoy. Ma religion. Paris: Fischbacher, 1885:
169-171.]